Gesunde Grundlage für ein neues Bremen

■ High-Tech-Berater und -Entwickler sind berufene Optimisten: Technologie- und Produktions-Berater Dr. Ing. Diekhöner und BIBA-Leiter Bernd Emil Hirsch / Ein Schwabe und ein Bremer über das „exemplarisch-historische Zentrum“ an der Weser

Vertreter von High-Tech sind offenbar immer Optimisten. Ist Bremen nicht auf den High-Tech-Zug aufgesprungen, als er in den USA und auch in Süddeutschland längst abgefahren war und sogar Syke sein „Technologie-Zentrum“ plante? Ja, aber... „Nachdenken hat immer etwas länger gedauert.“ Auf der Visitenkarte des Dr.-Ing. Günther Diekhöner steht „PM“ für Produktentwicklung und Methodikberatung. Warum kam er 1981 nach Bremen? „Weil ich Bremer bin und zurückgehen wollte.“ Eine „charmante Stadt“, sagt er.

Aber für PM gab es damals keinen artikulierten Bedarf: „Das Thema Technologie war in Bremen kein öffentliches Thema.“ Acht Jahre später sieht der Berater in Sachen Technologie -Management eine „gesunde Grundlage“ für ein neues Bremen entstehen. Aus Fehlern anderer habe man gelernt, „das Bitz ist einer der erfolgreichsten Technologie-Parks“, eingebettet in die entsprechenden Studiengänge der Universität.

Einzelne Spitzen gibt es - den Schütting-Preis bekam kürzlich ein Bremer Produktionstechniker, Prof. Werner, dessen Methoden zur Oberflächenbear beitung „einzigartig in der Welt“

seien. Aber entscheidend sind für Diekhöner die technologischen Entwicklungen, mit denen sich eingesessene Firmen modernisieren - weniger spektakulär, aber für eine Großstadt-Ökonomie entscheidend. Wer weiß schon, daß ein guter Teil der auf dem Weltmarkt verkauften Tempotaschentücher-Einwickel-Maschinen von einer Firma aus Arsten stammt? Die öffentlichen Subventionen für neue Technologien sind für ihn der „Scheck auf die Zukunft“. Die Arbeitsmarktprobleme löst der Wirtschaftssenator damit nicht - „es werden keine Leute entlassen - das sollte ihm genügen.“ Und ihm genügt es: Seit Beckmeyer habe sich das Klima im Wirtschaftsressort „enorm verändert“.

Der 38jährige Diekhöner ist der Bilderbuch-Typ eines modernen Managers und vielfältig in seinem Milieu verflochten. Er vertritt den Bereich Technologie im Verein Deutscher Ingenieure (VDI), er ist im Bremer Regionalvorstand des Bundes Junger Unternehmer. Und er denkt positiv, er sieht nur Unterstützer: in dem zuständigen Mann in der Handelskammer, Dr. Porschen, in Banken, die umlernen und beginnen, ihre Kunden bei ihren Investitionen in Technologie zu „be

gleiten“, in dem Technologie Bereich der Universität, der eine „Super-Akzeptanz in der Industrie“ habe.

Als der Schwabe Bernd Emil Hirsch, heute Hochschullehrer für Produktionstechnik und Leiter des „Bremer Instituts für Betriebstechnik und angewandte Arbeitswissenschaft“ (BIBA), 1969 nach Bremen kam, wurde die Universität gerade gegründet. Aber: „Diesen Vorgang habe ich damals kaum zur Kenntnis genommen.“ Der heute 50jährige hatte bei Daimler gelernt, wo der Vater 40 Jahre lang arbeitete. Über das Studium in Aachen kam er zur Luft- und Raumfahrttechnik und fand bei VFW Focker eine Aufgabe, die ihn reizte: Numerisch gesteuerte Werkzeugmaschinen für die Produktion von Flugzeugteilen zu entwickeln.

In der rechnergesteuerten Produktion von „Unikaten“ liegt für ihn die Zukunft der hochentwickelten Industrienationen gegenüber den Billiglohn-Ländern. Nicht ohne eigene Schuld wird Bremens Image andernorts noch assoziiert mit „Provinz“

-aber ganz zu Unrecht: „Ich halte Bremen für einen historisch-exemplarischen Standort für High-Tech.“ Hier beschäftigte schon 1912 die LKW-Produktion 5000

Menschen, hier steht heute im Holter Feld eines der modernsten Automobilwerke Europas, hier begann 1926 eine bis heute ununterbrochene Tradition der Luft-und Raumfahrt.

Während die Mechanisierung den Menschen als Störfaktor an den Rand drängte und überflüssig machen sollte, erfordern die computer-gestützten Fertigungsmethoden für Unikate eine ganz neue „Fertigungsphilosophie“, Taylor

und Ford werden hier entthront. Denn wenn für besondere Anforderungen ein einziges Stück produziert werden soll, dann muß die vielseitige menschliche Qualifikation in die moderne Technologie integriert werden, kurz: „Human centered computer integrated manufactoring“ steht an.

Die Werften, scheinbar altbackener Rest traditioneller Industrie, böten für Hirsch paradoxerweise ein gutes Anwendungsfeld

der neuen Produktionsmethoden. Denn die Werften konnten nicht automatisiert werden, da werden nicht in fest installierten Produktionsstraßen Serien hergestellt. Die Werft ist eine „Baustelle“, auf der Menschen flexibel Einzelstücke fertigen. Gerade deshalb haben die Werften Lohnkosten, die sie der Konkurrenz von Billiglohnländern oder Subventionen ausliefern - aber das ist für Hirsch nur Beweis für den Bedarf an „computer integrated manufactoring“ - zentriert um den qualifizierten Menschen: „Nur bei Erhalt dieser Struktur kann man Unikate bauen.“

Wegzugehen von dieser Stadt, die auch ihm „ein Riesendorf mit dem Charme einer Landeshauptstadt“ ist, stand nie ernsthaft zur Debatte. Hirsch sieht in Bremen große Möglichkeiten. In zwei Jahren soll der Haushalt seines BIBA -Instituts 7 Millionen Mark erreichen - weitgehend finanziert über EG-Programme und direkte Aufträge. Dann zieht er um mit Sack und Pack und Computern in das neue Institut. Dann, hofft er, wird das Land sich auf eine Sockelfinanzierung von 30% festlegen - Entwicklung moderner Produktionsmethoden bleibt abhängig davon, daß der Staat das will.

K.W.