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„Projekte müssen Druck machen“

Norbert Deitelhoff von der Berliner ABM-Beratungsstelle: Folgen für Selbsthilfeprojekte  ■ I N T E R V I E W

taz: Ihr beratet rund 400 Berliner alternative und Selbsthilfeprojekte mit 600 ABM-Stellen im Umgang mit dem Arbeitsamt. Welche Einschränkungen wird die AFG-Novelle bringen?

Norbert Deitelhoff: Nach einiger Zeit des Kampfes um Anerkennung wurden die Sozial-, Frauen- und Kulturprojekte in Berlin recht gut gefördert. Wenn die AFG-Novelle hier umstandslos umgesetzt wird, ist mit erheblichen Einschränkungen der Arbeit zu rechnen. Insbesondere innovative Ideen wären nicht mehr durchsetzbar. Wenn ein Projekt zum Beispiel eine neue Art von Sozialberatung ausprobieren, Streetwork oder Drogenprophylaxe machen will, dauert es sehr lange, bis solche Stellen von Senat oder Landesregierung anerkannt werden. Die Finanzierung über ABM hat bisher die Möglichkeit geboten zu experimentieren und auszuloten, welches Konzept sinnvoll und umsetzbar ist. Solche, oftmals wegweisende Entwicklungen sind bei Wegfall der ABM-Förderung gar nicht mehr drin.

Außerdem besteht die Gefahr, daß die großen Träger und Institutionen bevorzugt ABM-Stellen erhalten, da die Arbeitsämter darauf achten müssen, sogennante „bewährte Träger“ zu unterstützen. Als bewährt gilt, wer „Stammkräfte“ hat und Stellen vorfinanzieren kann. Anders als der Öffentliche Dienst und die großen Wohlfahrtsverbände hat ein Projekt aber oft keine „Stammkräfte“, und die vielleicht fünf ehrenamtlichen Mitarbeiter tun sich schwer, 6.000 bis 10.000 Mark vorzufinanzieren, bis das bewilligte Geld überwiesen wird. So wird das Arbeitsamt im Zweifelsfall dem großen Träger Geld geben - und damit weiter Planstellen im Öffentlichen Dienst beseitigen.

Welche Empfehlung gebt Ihr den finanziell bedrohten Projekten?

Zunächst sollten sie versuchen, bei Senat, Länderministerien oder auch Kommunen verstärkt Druck zu machen, daß ihre gesellschaftlich nützliche Arbeit endlich auch anerkannt wird. In manchen Bereichen bietet sich an, bundesweit politisch aktiv zu handeln. Was die ABM-Stellen angeht, so sollten sich die Projekte nicht einfach ihre Finanzierung wegnehmen lassen, sie müssen Druck machen. Daß die Projekte oft bessere Arbeit leisten als staatliche Institutionen, muß verdeutlicht werden.

Mir scheint kaum vorstellbar, daß etwa die Sozialberatungsstelle in Herford allein ihre Forderung nach 100prozentiger Finanzierung ihrer Psychologenstelle durchsetzen kann.

Es besteht ein bundesweiter Austausch über ABM-Probleme, koordiniert von unserer Clearing-Stelle in Berlin. Wir können Kontakte unter Projekten herstellen, die in derselben Region arbeiten. Darüber hinaus läuft in Westdeutschland viel über die regionalen Netzwerke.

Nähere Auskünfte bei der Clearing-Stelle zur Schaffung sinnvoller Arbeitsplätze, ABM-Beratungsstelle, Domenicusstraße 3, 1000 Berlin 62, Telefon 030-7817002

Interview: Petra Bornhöft

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