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SPD drückt sich vor Apartheid-Boykott

Nur in Remscheid unterstützen Genossen konkrete Schritte / In anderen Kommunen setzt die Partei regelmäßig Anträge gegen Geschäfte mit Handelspartnern Südafrikas von der Tagesordnung  ■  Von Petra Bornhöft

Berlin (taz) - Konkreten Boykottmaßnahmen gegen den Apartheidstaat Südafrika verweigern sich die nordrhein -westfälischen Sozialdemokraten mit bemerkenswerter Geschlossenheit. So setzte gestern abend der Wuppertaler Stadtrat mit den Stimmen der SPD einen Antrag der Grünen von der Tagesordnung, die Stadt solle künftig keine Kredite mehr bei Banken aufnehmen, die mit Südafrika Geschäfte betreiben. Einen solchen Beschluß hatte die Stadt Remscheid kürzlich gefaßt. Er blieb bisher eine Ausnahme, obgleich ein Hamburger Nachrichtenmagazin schrieb: „Sozialdemokraten allerorten bekunden Sympathie.“ In Solingen etwa verhinderte die SPD Mitte November eine Abstimmung über den „Remscheider Antrag“, weil der Oberstadtdirektor die Befassung als „rechtswidrig“ abgelehnt hatte. Eine Kommune dürfe nicht Einfluß auf die inneren Verhältnisse Südafrikas nehmen, das stehe allenfalls dem Außenminister zu. Auch die Geschäftspolitik von Banken und Unternehmen (die Grünen wollten verhindern, daß das Tiefbauamt weiterhin Kanaldeckel aus Südafrika auf Solinger Gullis legt) dürfe bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nicht beeinflußt werden.

Auch in Wuppertal wollen die Genossen zunächst abwarten, ob der vom Remscheider Oberstadtdirektor - er beanstandete den Beschluß der Kommune - eingeschaltete Regierungspräsident in Düsseldorf, Fritz Behrens, den Kommunen eine Beschlußfassung gestattet oder nicht. Jene Behörde hat inoffiziell Wohlwollen signalisiert, offiziell aber letzte Woche auch die Entscheidung auf 1989 vertagt. Nach Informationen der taz herrscht in Düsseldorf die Ansicht, daß eine Kommune keine „Außenpolitik“ betreibt, wenn sie sich weigert, bei der Deutschen Bank oder der Bayrischen Vereinsbank Kredite aufzunehmen.

Daß SPD-Kommunalpolitiker sich schwer tun, allgemeine Appelle des Parteivorstands zu konkretisieren, ist im Ruhrgebiet nicht neu. Fast überall haben die Grünen seit 1985 mehrfach Anträge, etwa gegen den Handel der Sparkassen mit Krüger-Rand-Münzen, für Konten-Kündigung etc. gestellt. Die Mehrheitspartei kippte regelmäßig das Thema von der Tagesordnung, erklärte den Stadtrat entweder für „nicht zuständig“, wie in Dortmund oder präsentierte Resolutionen zum „Unrecht in aller Welt“ (Herne). Ein einziges Mal, und das ausgerechnet in Wuppertal, verbuchten Apartheidgegner einen praktischen Erfolg: Der Stadtrat weigerte sich - nach einem wochenlangen Eiertanz der SPD, weiterhin Kohle aus Südafrika zu importieren. Um so bemerkenswerter, daß die Sozialdemokraten sich jetzt, fast zwei Jahre später, erneut zieren. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gerhard Graef: „Eigentlich müßte die Bundesregierung etwas tun.“

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