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Eine Unterschrift für Angola

Angola-Namibia-Abkommen in New York unterzeichnet / Freie Wahlen in Namibia im kommenden April / Rückzug der kubanischen Soldaten bis Juli 91  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

Südafrika, Angola und Kuba haben gestern in New York nach achtmonatigen Verhandlungen den Vertrag unterzeichnet, der die Unabhängigkeit Namibias und den Rückzug kubanischer Truppen aus Angola vorsieht. Die Einzelheiten des Rückzugs wurden in einem separaten, bilateralen Abkommen zwischen Angola und Kuba geregelt. Der genaue Wortlaut der Verträge sollte mit Ausnahme einzelner Geheimklauseln gestern veröffentlicht werden. Der Vertrag sieht vor, daß die UNO -Resolution 435, die zur Unabhängigkeit Namibias führen soll, am 1. April 1989 in Kraft tritt. Erste freie Wahlen in dem seit mehr als 70 Jahren von Südafrika besetzten Gebiet werden am 1. November 1989 stattfinden. Bis zu diesem Zeitpunkt soll die Hälfte der etwa 50.000 kubanischen Soldaten Angola verlassen haben. Der Rückzug der Kubaner wird bis Juli 1991 abgeschlossen sein.

Grundlage der Verträge sind drei verbindliche Protokolle, die seit Beginn der Verhandlungen Anfang Mai von den drei beteiligten Ländern unterzeichnet wurden. Der am 20. Juli formulierte sogenannte „Prinzipienkatalog von New York“ regelt in 14 Punkten die politische Grundlage des Abkommens, unter anderem die Rolle der UNO als Garant und Überwachungsinstanz. Die Prinzipien enthalten auch eine Art Nichtangriffspakt, der territoriale Unversehrtheit und Achtung der Souveränität der beteiligten Länder garantiert. Südafrika, Angola und Kuba kamen zudem überein, ihr Gebiet nicht für Angriffe gegen andere Staaten zur Verfügung zu stellen.

Das „Genfer Protokoll“ vom 5.August führte zu einem Waffenstillstand und dem Rückzug südafrikanischer Truppen aus Angola. Es berücksichtigt vor allem die militärischen Interessen Südafrikas. Der genaue Wortlaut dieses Protokolls ist nicht bekannt. Es sieht jedoch unter anderem vor, daß die Guerillas der namibischen Südwestafrikanischen Volksorganisation Swapo sich nördlich des 16. Breitengrades zurückziehen. Die Kubaner werden verpflichtet, mindestens 70 Kilometer nördlich der Grenze zu Namibia zu bleiben und die südöstliche Ecke Angolas nicht zu betreten. Dieses Gebiet wird von den UNITA-Rebellen unter Jonas Savimbi kontrolliert, die mit südafrikanischer und US-Unterstützung gegen die linke Regierung in Angola kämpfen.

Das „Brazzaville Protokoll“ wurde letzte Woche unterzeichnet. Es regelt den genauen Zeitablauf und den Umfang des kubanischen Truppenrückzugs. Unter anderem ist der Rückzug von 3.000 Kubanern noch vor dem 1. April vorgesehen. Südafrika hatte darauf bestanden, durch eine solche Geste die Akzeptanz des Abkommens bei ultrarechten Weißen zu erhöhen.

Kuba und Angola hatten Anfang dieser Woche in Havanna die Modalitäten des Rückzugs besprochen. Zentrale Frage bleibt, wie die auf 875 Millionen Mark geschätzen Kosten der Operation gedeckt werden können. Verschiedene westliche Länder sind offenbar gebeten worden, sich an diesen Kosten zu beteiligen. Indessen hat der Weltsicherheitsrat die Bildung der „UN Angola Verifizierungsmission“ (Unavem) zur Überprüfung des Rückzugs gebilligt. Das 70köpfige Gremium wird am 3. Januar unter Leitung eines brasilianischen Brigadegenerals seine Arbeit in Angola aufnehmen.

Südafrikanische Regierungssprecher bestätigten letzte Woche, daß der gestern unterzeichnete Vertrag zu einer Beendigung südafrikanischer Militärhilfe für UNITA führen würde. Das Apartheid-Regime hatte im Laufe der Verhandlungen wiederholt betont, daß der Vertrag die Existenz von UNITA nicht gefährden dürfe. „Wir werden UNITA nicht einfach den Rücken kehren,“ sagte Verteidigungsminister General Magnus Malan noch im November. „Leute mit denselben Idealen trennen sich nicht so leicht.“ Südafrika betrachtet den gestrigen Vertrag also nicht als eine Gefahr für UNITA.

Seine diplomatische und politische Hilfe für UNITA wird ohnehin weitergehen. Zudem haben die USA seit Beginn der Verhandlungen betont, daß sie ihre Hilfe für UNITA nicht aufgeben, solange die UdSSR Waffen an Angola liefert.

Indessen finden seit einiger Zeit Gespräche zwischen Südafrika und Angola statt. Einzelheiten sind nicht bekannt, doch geht es offenbar um die militärischen Ausbildnugslager der südafrikanischen Befreiungsbewegung ANC in Angola.

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