: Unsere Stute Florence
■ Diedrich Thurau fährt mit beim 6-Tage-Rennen und US-Sprinterin Griffith-Joyner wird am Donnerstag über die Bahn und dann in ihre Loge „geführt“
Ist Florence Griffith-Joyner ein Mann oder eine Frau? fragten sich etliche FernsehzuschauerInnen nach den Olympia -Doping-Skandalen - angesichts der muskulösen US -Weltrekordlerin. Nach der gestrigen Pressekonferenz des Bremer Stadthallen-Direktors Heinz Seesing stellt sich der interessierten Zeitgenossin nun eine weit mysteriösere Frage: Ist Florence Griffith-Joyner eine Frau oder ein Pferd?
Der, der diese Frage aufwarf und die Sprinterin für den Startschuß des Bremer 6-Tage-Rennen engagierte, Stadthallen -Direktor Seesing, ließ zunächst keinen Zweifel daran, wem Florence Griffith-Joyner zur Zeit gehört: unserer Stadthalle und uns Nordwestdeutschen - von Osnabrück bis weit über Hamburg hinaus. Er wollte zwar auch gestern „tunlichst“ nicht verraten, für wieviel Geld er Griffith-Joyner für „uns“ erstanden hat, doch sprach er nur noch von „unserem Superstar Florence“ oder kurz und zärtlich von „unserer Flo“. Nur einmal ließ er sich zu einer anders gearteten Umschreibung hinreißen („aber das schreiben sie bitte nicht“): „ein Riesengeschäft“. Allein für morgen, Donnerstag abend, wenn „unsere Flo“ den Startschuß für das 122,5 -Stunden-Rad-Rennen abfeuert, hat Seesing dank seinem Zugpferd vier-bis fünftausend zusätzliche Eintrittskarten verkauft. Das ist eine Nachfrage-Steigerung um vierzig Prozent. Bei all dem Trubel um „Flo“ war für Seesing gestern die Grenze zwischen „Flo“ als einer Frau und als einem Zugpferd auffällig verwischt. So sprach er wiederholt davon, Griffith-Joyner - dekoriert mit US
Flagge und „hoffentlich auch ihrer Goldmedaille“ - werde einmal ganz um die Bahn und anschließend in eine Loge „geführt“.
Außer der Starterin Griffith-Joyner werden auch diesmal wieder beim Bremer 6-Tage-Rennen Rad-Rennfahrer dabei sein. Darunter Diedrich Thurau, der vor wenigen Tagen in Köln schwer gestürzt und Volker Diehl, der bei den Kölner „Six -days“ wegen Ischiasbeschwerden ausgeschieden war. Dem sportlichen Leiter des Rennens, Patrick Sercu, ging es während der Vorbereitungen gestern denn auch weniger um das Trikot von „Flo“ als um die Gesundheit der Fahrer.
Weiteres Element des Bremer
Rennens ist das Unterhaltungs programm, in das bereits eine halbe Million Mark investiert wurde - inclusive „Klaus und Klaus“ und einem Jongleur, der auf drei Sektflaschen balanciert.
Von morgen, Donnerstag, bis Dienstag nächster Woche läuft das Rennen täglich ab 19 Uhr. Und am Sonntag, da ist für erwartete 17.000 BesucherInnen „Frühschoppen“. Wer sich mehr für „Variete“ interessiert, ist eingeladen, am Donnerstag von 16-18 Uhr ArtistInnen umsonst und generalprobeweise zu besichtigen. Und wer sich ganz besonders für „unsere Flo“ interessiert, muß am Donnerstag pünktlich sein. Der TV-Sport -Journalist Wontorra wird den Star auf
einer Bühne interviewen, bevor er dann - wie berichtet - „um die Bahn geführt“ wird.
Die für ihn gewichtigsten Flo-Fans hat Seesing bereits gewonnen: Die „Wirtschaftsbosse“. Diese werden ihre Geschäftsessen so lokalisieren und terminieren, daß sie auf jeden Fall in ihr „Holsten-Bier“ in einer Loge des „Sechs -Tage-Rennens“ zu sich nehmen, berichtete er gestern zufrieden. Die „Geselligkeit“, die „Seriosiät, die Werbeeinnahmen und die Sponsorprämien seien damit voll gesichert.
Und besonderes Glück für „Flo“: Sie darf in der Präsidentensuite des Park-Hotels wohnen - mit Blick auf die Stadthalle.
B.D.
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