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Gläserne Gästeliste in Berliner Hotel

■ Straßenpassanten fanden Daten von Gästen des Hotels „Ambassador“ in einem offenen Müllcontainer

Spätestens beim Datenschutz endet der Service des Hotels „Ambassador“ in der Bayreuther Straße. Gestern fand ein Passant in einem Müllcontainer, der auf dem Parkplatz vor dem Hotel steht, unter Matratzen, Teppichen und Tannenbäumen gebündelte Datenkarteikarten, Zimmerpläne und Rechnungen von Gästen des Hotels. Aus diesen Karteien ist genau zu entnehmen, wie die Besucher hießen, welchen Beruf sie ausüben, welche Paßnummer sie haben, wo sie wohnen und in welcher Begleitung sie gekommen sind. Darunter ist das Personal einer Fluggesellschaft, ein Bundesrichter, Direktoren aller Art, Opernsänger oder Geschäftsmänner, mal mit, mal ohne Ehefrau, mal mit anderer Begleitung. Unter den Leuten, die sich mit Sperrmüll bedienten, befand sich einer, der die Datenpakete herauszog und damit zum Hotel ging.

Für den Fund zeigte Hotelmanager Rabine jedoch kein Interesse. Ihm ist es offensichtlich egal, ob die Daten auf dem Müllcontainer liegenbleiben oder in die Hände der Öffentlichkeit geraten. Der Mann wurde wieder weggeschickt. Rabine war auf taz-Anfrage nicht zu näheren Auskünften bereit.

Der für Datenschutz bei Privatfirmen zuständige Referatsleiter in der Innenverwaltung, Baumeister, sagt dazu, er könne nur dann eingreifen, wenn ihm die Beschwerde eines betroffenen Gastes vorliege. Das Hotel sei nicht gezwungen, die Daten zu vernichten, zumal im Bundesdatenschutzgesetz das Löschen von nicht mehr verwendeten Daten als „Kann-Bestimmung“ aufgeführt ist. Sollte es zu einer Klage gegen das Hotel kommen, hänge das Urteil vom Umfang des Schadens der Betroffenen ab. Eingreifen könne er lediglich bei Privatbetrieben, deren Existenz den Daten gilt, also Auskunftsdateien, Adressenhändler oder Rechenzentren, sagte Baumeister. Bei Hotels und anderen Betrieben, wo Datenverarbeitung lediglich ein Hilfsmittel sei, müsse zunächst die Beschwerde eines Betroffenen vorliegen. Im vergangenen Jahr habe es etwa 70 solcher Beschwerden gegeben. Einmal seien sogar Bankauszüge auf dem Kurfürstendamm gefunden worden.

E.K.

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