: „Menschenrechtskomitee Rumänien“ gegründet
Internationale Prominente gründen Komitee / Erschütternde Augenzeugenberichte über die Lage der Menschen in Rumänien Dorfbewohner müssen eigenhändig ihre Häuser abreißen / Forderungen von konkreten Maßnahmen gegen die Ceausescu-Diktatur ■ Von Helmut Frauendorfer
Berlin (taz) - Am vergangenen Donnerstag haben Prominente aus verschiedenen Ländern in Bonn das „Menschenrechtskomitee Rumänien“ gegründet. Das Projekt war bereits im Herbst vergangenen Jahres geplant, scheiterte aber an den ausbleibenden finanziellen Mitteln. Trotzdem fand am 9.12.1988 eine Sitzung in der „Heinrich-Böll-Stiftung“ statt, in der die Gründung eines „Menschenrechtskomitees Rumänien“ vorbereitet wurde.
Unter anderem ist ein Aufruf verfaßt worden, in dem auf die katastrophale Situation der Menschen in Rumänien verwiesen wird und die Zielsetzungen des Komitees umrissen werden.
Dieser Aufruf wurde von verschiedenen Personen und Persönlichkeiten aus Kultur und Politik unterschrieben, wie z. B. von den in West-Berlin lebenden deutschsprachigen Schriftstellern aus Rumänien (u. a. Herta Müller, Richard Wagner, William Totok), von der aus Ost-Berlin stammenden Regisseurin Freya Klier, von Rene Böll, Raissa Orlowa -Kopelew, Lev Kopelev, von Gert Bastian, Petra Kelly, Elisabeth Weber (Die Grünen), Freimut Duve, Renate Schmidt, Hermann Scheer (SPD), Hildegard Hamm-Brücher (FDP), Ingeborg Hoffmann (CDU) u.v.a. Mitarbeiter von „amnesty international“ unterstützen die Arbeit des Komitees ebenso wie Vertreter verschiedener unabhängiger Gruppen aus der DDR.
Auf der Gründungssitzung vom vergangenen Donnerstag in Bonn waren auch zwei Nordbremer anwesend, die über die Erlebnisse während einer Rumänienreise berichteten, als sie zu Weihnachten mit einem Transporter voller Lebensmittel unterwegs waren. Sie waren erschüttert von dem, was sie dort sahen und hörten. Dort entstandene Fotos veranschaulichten die tristen Berichte.
Ebenfalls mit Fotos belegte der Bundesgeschäftsführer der österreichischen Grünen, Pius Strobl, seinen Bericht über die Lage der Menschen und die Dorfzerstörung in Rumänien. Strobl war zwischen dem 16. und 22.Dezember 1988 im Land und konnte sehen, wie z. B. in Germanesti, einem Dorf, das 25 km nordöstlich von Bukarest liegt, die Leute gezwungen wurden, ihre zu zerstörenden Häuser eigenhändig abzutragen.
Im Verlauf der Gründungssitzung und auf der anschleißenden Pressekonferenz am Freitag wurde darauf hingewiesen, daß es „keinen Grund mehr gibt für allzu diplomatische Vorsicht: Rumänien muß zu einem anderen Verhalten gezwungen werden“, so Hermann Scheer.
Neben dem Dokumentieren der Situation in Rumänien soll eine der Aufgaben dieses Komitees sein, darüber zu informieren und „einseitige Berichterstattung wie die von Dagobert Lindlau zu korrigieren“, erläuterte Petra Kelly.
Freya Klier ergänzte, dies könne mit verschiedenen Mitteln geschehen, wie z. B. mit einer „Wanderausstellung, in der Fotos, Originaldokumente und persönliche Berichte präsentiert werden, um die hiesige Bevölkerung für die Rumänien-Problematik zu sensibilisieren“.
Auf die Menschenrechtsverletzung in Rumänien bezog sich Gerd Frickenhelm, wobei er betonte, daß den wenigen Oppositionellen, wie Doina Cornea und Radu Filipescu, vor allem eine breite Öffentlichkeit im Westen helfen könne. Weiterhin soll das „Menschenrechtskomitee Rumänien“ verschiedene Aktionen koordinieren.
Zu der miserablen Versorgung der in Rumänien lebenden Bevölkerung trägt auch der Westen bei, da es immer noch Firmen gibt, die sogar Lebensmittel aus Rumänien importieren.
Das Komitee will deshalb die wirtschaftliche Kooperation zu Rumänien recherchieren und auch auf die Bundesregierung, vor allem auf das Auswärtige Amt, Einfluß nehmen, damit diese mehr politischen und auch wirtschaftlichen Druck auf die rumänische Regierung ausüben, um der in Rumänien lebenden Bevökerung aus dem Elend zu verhelfen, in das die Ceausescu -Diktatur sie gebracht hat.
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