: Berlin will Hochh(in)aus
■ Architekten schlagen Hochhäuser für das Moabiter Werder vor / Kein Platz für Gartenzwerge mehr / Wettbewerb für künftiges Buga-Gelände war aber ein Flop
Katzenjammer breitet sich unter den Planern aus, die die Bundesgartenschau (Buga) 1995 vorbereiten. Der am Samstag entschiedene städtebauliche Wettbewerb für das künftige Buga -Gelände Moabiter Werder war ein Flop. „Der Zugewinn durch den Wettbewerb war nicht sehr groß“, räumte Umweltsenator Starnick (FDP) gestern ein. Keinen Entwurf, der eines ersten Preises würdig wäre, konnte die Jury finden. Statt dessen kamen drei Entwürfe in eine „erste Preisgruppe“. „An jedem gibt es einen ganzen Batzen an Kritik“, sagte Starnick. Er vermißte vor allem Ideen, wie die Wohnbauten mit dem Buga -Park verknüpft werden könnten. „Das ist ja kein Ergebnis“, kommentierte Buga-Planungschef Gottfriedsen gegenüber der taz den Architektenwettbewerb. Der ergänzend vorgesehene landschaftsplanerische Wettbewerb kann nun vorerst nicht ausgeschrieben werden. Zusammen mit den drei Bestplazierten will Starnicks Behörde jetzt selbst einen „städtebaulichen Rahmenplan“ entwickeln, auf dessen Grundlage weitergearbeitet werden kann. 1991 muß Baubeginn sein für die 400 Wohnungen, die bis 1995 auf dem künftigen Buga -Gelände zwischen Spree, Alt-Moabit, Stadtbahnviadukten und Paulstraße entstehen sollen.
An die 60 Meter hohe Hochhäuser sind das gemeinsame Merkmal der drei mit je 30.000 Mark prämierten Konzepte. Wohntürme mit 20 Stockwerken entwarfen sowohl Elia Zenghelis (London) als auch das Berliner Büro Reidemeister/Glässel. Bei Negwer und Suselbeek (Berlin) bleiben zwar die Wohnbauten auf dem Teppich, dafür wachsen auch bei ihnen die neben den Wohnbauten geplanten Dienstleistungszentren siebzehn Stockwerke hoch in den Himmel. Störend an der niedrigen „Teppichbebauung“, die Negwer/Suselbeek für die Wohnbauten vorschlagen, ist dagegen ihr großer Flächenbedarf. Starnicks Planungsreferent Faskel verteidigte gestern die Hochhausplanung. Die Bebauung des Moabiter Werders könnte sich durchaus an das benachbarte Hansa-Viertel aus den 50er Jahren anlehnen, meinte Faskel. „Grüne Häuser“ passen nach seiner Ansicht nicht auf diese Innenstadtfläche. Für „Gartenzwerge“ sei hier kein Platz.
Zenghelis habe als nahezu Einziger auch „ein Freiraumkonzept für das 21.Jahrhundert“ vorgelegt, lobte Starnick. Das Londoner Büro schlägt einen „Gesundheitspark“ vor, zu dem Schwimmbad, Roll- und Schlittschuhbahnen gehören. Der Clou ist ein „Aromatherapiegarten“ mit duftenden Pflanzen. Gottfriedsen zeigte sich von dieser Idee gestern allerdings wenig begeistert.
Die Firmen, die jetzt noch das Moabiter Werder unter Beschlag haben, sollen, wie berichtet, umgesiedelt werden. Gegen Pläne, zwölf Unternehmen auf einer wilden Grünfläche hinter dem S-Bahnhof Schönholz unterzubringen, hat sich jetzt eine Bürgerinitiative formiert. Die Reinickendorfer Initiative fürchtet den Verlust von 500 Bäumen. Zum Fluglärm hinzu käme der Krach „dröhnender, stinkender LKWs der umgesetzten Fuhrunternehmen“. Erst nach den Wahlen wird entschieden, welche Teile des Schönholzer Geländes der Gewerbeumsiedlung zum Opfer fallen.
hmt
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