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Galla nichts-sagend

■ Ex-Klinikdirektor schwieg sich durch St.-Jürgen-Ausschuß / Ordnungsstrafe beantragt

„Warum Galla wirklich ging“ lautete die Schlagzeile der taz Bremen am 23. Januar 1988. Damals vielleicht nicht ganz glücklich gewählt: Wer wußte im Januar 1988 schon, wer ein gewisser Herr Galla ist? Inzwischen ist Aribert Galla, ehemaliger Verwaltungsdirektor im Krankenhaus St.-Jürgen -Straße, wahrscheinlich bekannter als mancher Bremer Spitzenpolitiker und auf jeden Fall bekannter, als ihm selbst lieb ist.

Gestern, fast auf den Tag genau ein Jahr nachdem die taz den Zipfel des Skandals zu fassen bekommen hatte, bemühte sich der St.-Jürgen-Ausschuß gesternvon Aribert Galla selbst zu erfahren, „warum er wirklich ging“.

Vergeblich. Was die taz schon vor einem Jahr verriet, verriet Aribert Galla gestern nicht mal mit einjähriger Verspätung. Er verweigerte auf 11 von insgesamt 12 Fragen -Komplexe, die ihm der Ausschuß vorher schriftlich mitgeteilt hatte, jegliche Antwort. Weder über seine Art der Amtsführung noch über seine Versetzung in den Ruhestand mochte Galla Angaben machen. Begründung von Gallas Rechtsanwalt Reinhold Schlothauer: Alle Aussagen vor dem Ausschuß könnten in einem bereits anhängigen Disziplinarverfahren bzw. dem eingeleiteten Strafverfahren gegen Galla verwandt werden.

Mit der gleichen Begründung hatte Schlothauer seinem Mandanten schon einmal Schweigen vor dem Ausschuß verordnet und sich damit auch bei zwei Bremer Gerichten durchgesetzt. Lediglich darüber, wie er 1976 als Verwaltungsdirektor eingestellt und zum Beamten auf Lebenszeit ernannt wurde, müsse Galla Auskunft geben.

Das tat der Zeuge Galla, inzwischen mit Vollbart, denn gestern auch bereitwillig und - verbreitete damit hochdosierte Langeweile auf den vollbesetzten Journalisten -Stühlchen. Was der Ausschuß fragte, wußte er schon längst, und was er nicht wußte, konnte er nicht mit Aussicht auf Antwort fragen.

Nur ein einziges Mal kam ein Hauch von Leben in die dumpfe Schläfrigkeit der Ausschuß-Luft: Als Aribert Galla verriet, er habe 1976 schon seine Akten zusammengepackt, um den kaum angetretenen Krankenhaus-Posten wieder zu schmeißen. Fast ein Jahr hatte Galla damals bereits gearbeitet, ohne im Besitz eines gültigen Arbeitsvertrags zu sein. Galla: „Alles was ich hatte, war ein Zettel von Senator Brückner.“ Nur seine prompte Beförderung zum Regierungsdirektor versöhnte Galla damals mit seinem Dienstherrn und hielt ihn auf seinem Posten.

Um weitere Geheimnisse Gallas vielleicht doch noch zu lüften, beantragte der Ausschuß schließlich zum zweiten Mal eine Ordnungsstrafe gegen den verschwiegenen Zeugen. Ob diesmal mit mehr Erfolg, müssen erneut die Gerichte entscheiden.

K.S.

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