Ätzend lehrhaft

■ Tevik Baser: Abschied vom falschen Paradies

Nach den Trommeln zu tanzen, heißt noch nicht sie zu spielen, sagt der Medaillenonkel in dem Film Boulevards d'Afrique von dem Regisseur Jean Rouch und der Regisseurin Tam-Sir Dueb. Diese Weisheit möchte ich einem anderen Filmemacher ans Herz legen. Politisch sauber und korrekt, ein Abschiebeschicksal, aber so ätzend lehrhaft, so falsch hingeguckt, so peinlich in Gut und Böse aufgeteilt. Sicher, ein Film gegen die Behörden, aber nicht witzig, sondern tragisch. „Abschied vom falschen Paradies“, von Tevik Baser, ein Wettbewerbsbeitrag der BRD.

Die Türkin Elif hat ihren Mann umgebracht. Jetzt ist sie im Gefängnis, und alle sind nett zu ihr. Die Frauen im Knast sind nicht mehr die jüngsten, und sehen aus wie aus der Frauenscene. Elif verliebt sich in einen, der ihr Zettelchen und ein Bild von sich schickt. Ihr Bruder ist böse. Elif träumt schlecht. Die Suppe ist dünn. Eine Frau ist mißgünstig. Aber alle sind ganz schnell wieder nett. Elif hat es gut im Gefängnis. Die Wärterinnen sehen aus, als hätten sie vorher das Klischee von Wärterinnen genau studiert. Sie sind böse und barsch. Außerdem sind sie groß und breit und tragen kurze blonde Haare, streng an den Kopf geklebt, oder strähnige Knoten. Sie knallen die Türen und klappern mit den Schlüsseln. Mich wundert, daß sie nicht lesbisch sind, in ihren herben Anzügen, aber das sind andere schlechte Filme.

Die wahnsinnig freundliche Sozialarbeiterin mit den hübschen Kleidern soll den gesellschaftlichen Abstand deutlich machen. Wir wissen's auch so. Sie teilt der armen Elif mit, daß sie abgeschoben werden soll. Elif hat Angst und schneidet sich langsam eine Pulsader durch. Aber es geht noch mal gut. Sie wird entlassen.

Maria Neef-Uthoff