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GESCHENKE WEG

■ Radiowecker beschlagnahmt

Ich arbeite mit noch sieben Mitgefangenen in der Kochküche. Zu Weihnachten sind wir von den Bediensteten der JVA Dieburg (für Knastverhältnisse) menschlich beschenkt worden. Mitunter haben wir ein kleines Weckradio bekommen und wir haben uns (wenn auch nicht riesig) still darüber gefreut.

Am 16.1.89 bat ein Mitgefangener unseres Küchenteams auf der Umkleidekammer darum, einen Doppelstecker am 20.1.89 mitbringen zu dürfen. Als Grund für diese Notwendigkeit gab er den kleinen Radiowecker an, den er nach Benutzung seines Tauchsieders immer wieder neu einstellen müsse. Die Bediensteten der Kammer hatten nichts dagegen, daß unser Leidensgenosse den Tauchsieder mitbringen kann. Gleichzeitig jedoch waren sie erstaunt, daß die Küchenarbeiter ein Weckradio zu Weihnachten von Bediensteten des holden Hauses geschenkt bekommen haben.

Noch am selben Vormittag des 16.1.89 wurden alle Radios (während unseres Küchendienstes) eingezogen. Ich habe ein Anliegen an den Sicherheitsbeamten (Kowalsky) weiterleiten lassen mit der Bitte, er möge als zuständiger Beamter, sich für unsere Angelegenheit annehmen. Heute ließ er mir schriftlich mitteilen, daß erst überprüft werden müsse, inwieweit wir berechtigt wären, die kleinen Weckradios in unserem Besitz zu haben. Weiterhin müsse die Sicherheit überprüft werden.

Ich frage mich wirklich, was das ganze eigentlich bezwecken soll. Mir scheint, hier wird ein Machtkampf unter Bediensteten auf Kosten der Gefangenen geführt.

L.M.

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