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ROTE GRÜTZE MIT SAHNE!

■ Das Theater Rote Grütze feiert vom 20.2. - 12.3. sein Geburtstagfest im Grips

Wenn die, die zu den ersten Zuschauern der Roten Grütze gehörten, jetzt zu denen gehören, die Theatergruppen gründen, Projekte planen und Premieren feiern, dann wird es Zeit zu bemerken, daß man Geschichte gemacht hat, und diese zu feiern. Das tut die Rote Grütze in angemessener und amüsanter Weise.

Wenig offizielle Festreden und Danksagungen, dafür viel, viel Theater und eine Fülle von Lesungen, Hörspielen und Videofilmen warten auf die Gäste. Und weil nebenan in der Küche immer die besten Gespräche laufen, dort bei jeder Party die gemütliche Runde hockt und quatscht, ist bei diesem Fest neben dem Grips-Theater auch die Probebühne geöffnet. Hier läuft zu den großen Themen der Stücke (Sexualität - Sexualerziehung/Mann - Frau/Faschismus

-Widerstand) ein tolles, qualitätvolles Programm. Diese zweite Schiene birgt kleine Schmuckstücke, wie die Lesungen von Edgar Hilsenrath und Hörspiele von George Tabori. Beim Zuhören merkt man: Bilder müssen nicht immer gezeigt oder vorgespielt werden, sie entstehen auch im Kopf.

Theater pur läuft im Grips. Da sind alle Stücke der Roten Grütze nochmal zu sehen, die in Berlin wegen des fehlenden Spielorts lange nicht zu sehen waren. Und dann sind allein sieben Gastspiele zu sehen.

Also zur Übersicht und zum Ausschneiden, die Seite, die an die Pinnwand von Zoras Kinderladen gehört: Darüber spricht man nicht

für Leute ab 5. Ein Stück vom Liebhaben Lusthaben, Kindermachen und Kinderkriegen und vom Schämen. Diese „Sexualaufklärung“ läßt die Kinder die Schlüsse lauthals selber ziehen, liebevoll und ohne Peinlichkeit. Mo, 20.2.; Sa, 25.2.; Mi, 1.3.; Sa, 4.3., und Fr, 10.3., immer 15 Uhr. Einer wie ich

für Leute ab 14. Dieses Stück handelt von Lutze und seinem Fußball, den Fans und Randale, also den wirklich wichtigen Themen beim Erwachsenwerden. Di, 21.2.; So, 5.3.; Mi, 8.3.; Do, 9.3., immer 10 Uhr nur 5.3. 19.30 Uhr, damit Ihr Euren Vater mal mit ins Theater nehmen könnt. September hat Zeit

für Leute ab 9. Vater und Sohn träumen und streiten vom Trödeln, Zu-spät-Kommen und Zeit-Haben, weil die Väter nie genug davon haben für ihre Kinder. Das abstrakte Thema wird im poetischen Spiel vom Vater und seinem Sohn, der sich aus Trotz hinter der Badzimmertür versteckt hält, sinnlich und konkret faßbar, besonders als sich der gestreßte Papa endlich an seine Kindheit und den ewigen Pünktlichkeitsterror erinnern kann.Fr, 3.3.; Mi, 8.3., und Do, 9.3., 15 Uhr. Nippes und Stulle

spielen Froschkönig

ab 6. Hier geht's um Freundschaften von Jungen und Mädchen, gemeinsame Spiele und um ehrliche Gefühle, um Küssen, Streiten, Petzen und um viel Spaß beim Mitspielen.Do, 23.2., und Mo, 6.3., um 10 Uhr. Gewalt im Spiel

ist für Leute ab 16 gemacht. Es zeigt, daß Angst, Gewalt und Vergewaltigung in der Familie nicht im dunkeln des Schweigens bleiben müssen. Im Stück werden Szenen aus dem Alltag von Kindern, Männern und Frauen gezeigt, und dieses Thema wird ohne falsche Scham und ohne schnelle Schuldzuweisung angegangen. Di, 21.2.; Fr, 24.2.; Mo, 27.2.; Do, 2.3.; Fr, 3.3.; Mi, 8.3., und Do, 9.3., immer 19.30 Uhr für die ganze Familie. Das Familienalbum

ist ein Gastspiel des Fundustheaters aus Hamburg und für Leute ab 8. Auch dieses Stück spricht vom sexuellen Mißbrauch, aber hier ist es vordergründig eine Mäusefamilie, in der das Unsagbare geschieht. Mit diesem unterhaltsamen Puppentheater-Lehrstück werden Scheu und Scham ein wenig beiseite gerückt, und ein Gespräch von Kindern und Erwachsenen wird möglich. Sa, 25.2., 10 Uhr und Di, 28.2., 10 und 15 Uhr. Mensch, ich lieb dich doch

ist in zwei verschiedenen Fassungen zu sehen. Die Theatergruppe KJG Roxel spielt das Jugendstück über die ganz normalen Drogen am Do, 23.2., 19 Uhr und am Fr, 24.2., um 10 Uhr. Eine Video-Aufzeichnung der Roten Grütze ist in der benachbarten Probebühne am Di, 28 2., um 19.30 Uhr und am Do, 2.3., um 10 Uhr zu sehen. Was heißt hier Liebe?

ist ebenfalls in zwei Fassungen des Grütze-Stücks zu sehen. DasReibekuchentheater Duisburg spielt von der ersten Liebe für Leute in und nach der Pubertät am Mo, 6.3., um 19 Uhr und am Di, 7.3., um 10 und 19 Uhr. Die Video-Schau auf der Großleinwand zeigt die Rote Grütze selbst am Di, 23.2., um 10 Uhr und Do, 23.2., um 19.30 Uhr in der Grips -Probebühne. Aidsfieber

aus der Theaterwerkstatt Hannover, spricht in einem grellen, bunten Maskenspiel die zeitgenössischen Ängste vor Sexualität an und deckt die Panikmache auf. Das unmoralische Schauspiel zwischen Positiv und Negativ ist für Leute ab 15 und läuft am So, 26.2., um 19 Uhr und Mo, 27.2., 10 Uhr. Zum Beispiel San Francisco und Noch leb ich ja...

sind zwei Dokumentarfilme über das Leben mit Aids, die zusammen gezeigt - helfen wollen, die berechtigte Furcht und die hysterische Panik vor der Krankheit ein wenig ins Lot zu bringen. Di, 21.2., 19.30 Uhr und Do, 23.2., 10 Uhr. Gespräche

mit Profis, auch witzigen wie Helmut Kentler, laden das Publikum zum offenen Gespräch ein, Angst und Lust beim Lustmachen auf Liebe am So, 26.2., um 14.30 Uhr und Wessen Freiheit ist das? wieder nach dem Frühstück So, 5.3., 14.30 Uhr und zu Geschichte und Geschichten und... Geschichte machen, dem dritten Thema des Theaterfestes, am Ende Sa, 11.3., 14.30 Uhr. Die Spilkischte Basel

folgt mit Schildkrötenträume einer ganz anderen Fährte. Hier macht man „Theater für Alle“ (ab 5) und legt die Stücke bewußt so an, daß Kinder, Eltern und Großeltern jeweils andere Seiten des Stücks entdecken können und manchmal auch ganz andere Stücke sehen. Bei Ionescos Stühlen funktioniert das prima und löst manch philosophisches Problem in einen Luftballon auf. So werden die poetischen Bilder der selbstgeschriebenen Schildkrötenträume über Kind und Mutter und Vater und über Wegfliegen-Wollen und Festgehalten-Werden sich den Blicken der Zuschauer so weit enträtseln, wie sich ihnen die Welt schon enträtselt hat. Am Fr, 3.3., 10 Uhr und Sa, 4.3., um 19.30 Uhr. Konzerte

von Liebe und Verrat, Lust und Leidenschaft, Sexualität und Frust beschließen das große Thema. Die 3 Tornados nehmen ihr Publikum am Mi, 22.2., um 20 Uhr hart her, Pannach & Kunert treten noch einmal am Di, 28.2., 20 Uhr zusammen auf und Liebeslieder, Balladen und Schlager - besoffen vor Glück, krank vor Eifersucht, blind vor Liebe und verrückt nach dir - werden unter dem Titel Ist das Liebe oder wie... am Sa, 4.3., um 20 Uhr geträllert. Dario Fos

Geschichte einer Tigerin

führt den dritten Themenkreis, Widerstand im Faschismus, aufs beste ein. Der Schauspieler Andreas Wellano spielt sie alle drei, die Figuren dieses Stücks, die mutige Tigerin, ihren stolzen Sohn und den niedergeschlagenen Soldaten, der in die Höhle der beiden gerät. Ob der seinen Lebensrettern dankt, erfahrt Ihr in der Geschichte...Sa, 25.2., 19.30 Uhr. Der überaus starke Willibald

lernt nichts von der Tigerin über den Mut zum Widerstand. Im Gegenteil, Aufstieg und Fall dieses Mäusediktators vom Landestheater Tübingen für Leute ab 6 berichtet von den grauen Mäusen, die mitmachen, und nur wenigen Lilimäusen, die sich widersetzen.Do, 2.3., um 10 Uhr. Die Hörspiele

berichten von der Nazizeit, aus den unterschiedlichsten Perspektiven. Sie sind alle für Zuhörer ab 16 gedacht. Nach Weissensee läßt Berliner Juden, die jetzt in Amerika leben, vom Leben in Berlin vor 1933 berichten. Der große jüdische Friedhof in Berlin-Weissensee ist für die drei Autoren M.Koeber, R.Kostelanetz und M.Maassen Ausgangspunkt der Erinnerungsreise.Mi, 22.2., um 10 Uhr Die nächsten beiden Hörstücke sind von George Tabori, der sich immer wieder mit der Leidensgeschichte des jüdischen Volkes beschäftigt. In Mutters Courage erzählt er die Geschichte von der Deportierung seiner Mutter von Budapest nach Auschwitz und die ihrer Rettung. Mo, 27.2., 10 Uhr. Um die ebenso wundersame Liebe, die für das Kind in der Versöhnung der Eltern noch nach jedem Streit deutlich wird, geht es in Mein Kampf am Mi, 1.3., um 10 Uhr. Im vierten Hörspiel ist es der Zeichner und Schriftsteller Bruno Schulz, der durch zwei Schüsse des SS-Scharführers Karl Günther tödlich getroffen, sich an das Verschwinden der Juden aus Lublin, das Vorrücken der Russen und die Ghettokapelle erinnert, andererseits in seinen Träumen surreale Geschichten aus einem galizischen Städtchen erlebt. Das Ende der Träume von Matthias Brand ist am Mo, 6.3., um 10 Uhr ebenfalls in der Probebühne zu hören. Lesungen

geben dem literarischen Rahmenprogramm klassische Form. Edgar Hilsenrath eröffnet mit „Der Nazi und der Friseur“ und „Zibulsky oder Antenne im Bauch“. Daraus jetzt die Eingangsprobe: „Wie heißt ein Mensch, der noch Fragen stellt?“ „Zibulsky.“ „Und einer, der keine mehr stellt?“ „Auch Zibulsky.“ „Dann heißt ja jeder Zibulsky?“ „Richtig.“ „Was bedeutet Zibulsky?“ „Gar nichts.“ „Das kann aber nicht sein.“ „Warum?“ „Weil alles seine Bedeutung hat.“ Mehr davon am Fr, 24.2., 19.30 Uhr Die Schriftstellerin und Grips -Hausautorin Leonie Ossowski liest amFr, 3.3., 19.30 Uhr und Peggy Parnass liest Peggy Parnass am Fr, 10.3., 19.30 Uhr. Die Widerstandskämpferin Annie Wandle liest aus ihren Erinnerungen, die auf die Frage ihrer Kinder Antwort geben sollte:Mutti, warum lachst du nie? Am Mi, 8.3., 18 Uhr und Do, 9.3., um 15 Uhr. Video auf Großleinwand

zeigt ein filmisches Portrait von Maria Fensky, die ebenfalls Widerstandskämpferin war und Annie Wadle aus der Lagergemeinschaft Ravensbrück seit fast einem halben Jahrhundert kennt. Klar, das Man mußte doch was tun nach der Lesung gezeigt wird. Di, 7.3., 19.30 Uhr, Mi, 8.3., 20 Uhr und Do, 9.3., 17 Uhr. Solch eine aufrechte Lebenhaltung lag dem dokumentarischen Film Schatila keineswegs zugrunde. Nur weil ein Videocassettengeschäft ausbrannte und zufällig eine Kamera übrigblieb, entstand dieser Dokumentarfilm aus einem Lager in Beirut, der den Widerstand der palästinensischen Flüchtlinge gegen die Amal festhält. Di, 7.3., 10 Uhr. Ab heute heißt du Sara

die neue Produktion des Grips-Theater,erzählt die authentische Geschichte eines jüdischen Mädchens, das den Faschismus im Baerliner Untergrund überlebte, und bildet den Abschluß des Theaterfestes der Roten Grütze am So, 12.3., um 19.30 Uhr.

Susanne Raubold

Tagestermine siehe La Vie. Bestellungen über das Theater der Schulen beim Theater Rote Grütze, Tel.692 66 18, Mo - Fr 10

-18 Uhr. Vorbestellungen und Vorverkauf im Grips-Theater, Tel.391 40 04, Mo - Fr12-18, Sa & So 11-17 Uhr.

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