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Prager Frühling neu

■ Die russische Parteizeitung 'Sowjetskaja Rossija‘ fordert neue Sicht der Ereignisse in Prag 1968

Berlin (dpa/taz) - Ausgerechnet die 'Sowjetskaja Rossija‘, die Zeitung der Kommunistischen Partei der UdSSR, die gemeinhin als Sprachrohr konservativer Kräfte in der Sowjetunion gilt, fordert eine Neubewertung der Ereignisse des Prager Frühlings 1968. Bemerkenswert dabei ist auch, daß das Zentralorgan der Kommunistischen Partei der CSSR diesen Anstoß just nach dem Besuch von Premierminister Adamec in Moskau aufnahm.

„Während bis 1968 die Autorität der Sowjetunion bei der tschechoslowakischen Bevölkerung außerordentlich groß war“, zitierte 'Rude Pravo‘ aus der 'Sowjetskaja Rossija‘, sei es „nach 1968 in der CSSR zu antisowjetischen Stimmungen gekommen.“ Der Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten habe eine „widersprüchliche“ Reaktion hervorgerufen. Während die einen im Einmarsch eine wichtige Unterstützung des Sozialismus sahen, löste er bei anderen einen Schockzustand aus. Dieser führte zum Gefühl, daß die nationale Würde des Volkes mit Füßen getreten werde. Die ruhige Oberfläche der CSSR in den letzten 20 Jahren habe nicht gezeigt, was in der Tiefe vor sich ging. Dies hätten erst die Ereignisse Mitte Januar in Prag zutage gebracht.

Der Inhalt ist für tschechoslowakische Verhältnisse ketzerisch. Bisher blieb die offizielle Sprachregelung dabei, den sowjetischen Einmarsch als „brüderliche Hilfe“ zu definieren. Pikant ist auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung: Heute beginnt der Prozeß gegen den Schriftsteller Vaclav Havel und acht weitere Angeklagte wegen der Demonstrationen auf dem Wenzelsplatz im Januar.

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