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Sekt und Inbrunst für die Resi

■ Zwei Waller Maler fordern die Seeligsprechung der Theres Neumann / Kritik zu einer Ausstellung im Foyer des Ernst-Waldau-Theaters / 24 Gemälde von Tom Gefken und Heiko Motschiedler

Daß so manche künstlerische Idee für eine Ausstellung in einer von Rauchschwaden geschwängerten Kneipe auf einem Barhocker das durch Alkolhol getrübte Licht der Welt erblickt, ist bekannt. Nicht jedes dort geborene Kind überlebt die morgendlich einsetzende Dämmerung.

Oft werden viele spätabendlich und höchst genial entwickelte künstlerische Erleuchtungen jäh dem Tagestrott geopfert und mit Hilfe einer Aspirin-Tablette abgetrieben. Nicht so die beiden Bremer Maler und Galeristen der Ga-De-We (Galerie des Westens), Heiko Motschiedler und Tom Gefken die nächtens in einer Waller Gaststube unter dem beflügelnden Einfluß spiritueller Getränke, der Idee verfielen, sich dem Leben und Schaffen der Resi Neumann von Konnersreuth zu widmen.

Das Resultat des nächtlichen Gelages ist jetzt im Foyer des Ernst-Waldau-Theaters zu sehen. Die Ausstellung der beiden Maler Gefken und Motschiedler wurde eröffnet von dem Bremer Journalisten Ulrich Reineking, der sich dem Thema mit angemessener Würde näherte und biographisches über die Theres Neumann dem sakral unbefleckten Ausstellungspublikum hinter die atheistischen Löffel schrieb.

Hier ein Auszug aus seiner Eröffnungsrede: „ Theres Neumann, wurde am 8. April 1898 in Konnersreuth geboren. Zwei Tage späer wurde sie bereits von ihren geliebten Eltern mitsamt ihrer geliebten Seele der Heiligen Taufe anvertraut.

Als Dorfpfarrer Basilus Furtner das geweihte Wasser aus dem Taufbecken schöpfte, erschien dem gläubigen Volke ein Regenbogen

am Himmel. Als das heilige Wasser die Stirn der Theres netzte, begann eine Schar Schwalben unterm Kirchendacherl das Ave Maria zu zwitschern. Einzig in der Frage, ob es sich dabei um Rauch-oder Hausschwalben handelte, herrschte Uneinigkeit in der Gemeinde. Derlei Wunder begleiteten Theres's Weg ins Leben manigfach und so lag es wohl nah, daß sie im Dezember 1922 beschloß, Künstlerin zu werden.

Sie wandte sich zunächst der Kunst des Hungerns zu. Dies fand zwar in Fachkreisen beim bestürzten Lebensmitteleinzelhandel eine gewisse Beachtung, brachte ihr aber nicht den ganz großen Erfolg beim Publikum.

Als sie ab August 1926 auch noch auf Flüssigkeitszufuhr verzichtete und zugleich Blutungen an jenen Stellen einsetzten, die bei der Nagelung des Herrn Jesus ans

Kreuz von Golgatha durchbohrt worden waren, mehrte sich ihr künstlerischer Ruhm in Windeseile. Als sie am 18. September 1962 starb, schwebte eine Heerschar weißer Tauben in Kreuzformation über das Tal. Und hier könnte die Geschichte zuende sein, wenn nicht nach dem Tod dieser begnadeten Künstlerin überall in der Welt Zeichen und Wunder geschehen wären. So zog die Magie und die gestalterische Krafte dieser großartigen Frau in die schlichten Seelen von Tom Gefken und Heiko Motschiedler.“

Obwohl die beiden Maler sich des satirischen Reizes ihres Unterfangens bewußt sind, unterlassen sie es, mit Satire zu antworten. Im Gegenteil. Beim Betrachten der Bilder entsteht das Gefühl, daß aus der Bierlaune der ersten Überlegeungen zu diesem Thema beim ernüchternden künstlerischen Arbeiten heiliger Ernst wurde.

Beide Maler ließen sich in das vorgegebene Thema hineinfallen und setzten sich höchst gewissenhaft in klassisch-expressiver Manier mit der religiösen Besessenheit der Theres Neumann ausein

ander. Man merkt den Bildern die Ernsthaftigkeit, die Tragik und den Wahnsinn an. Titel der Bilder wie „Ritus“, „Totem“ und „Inquisition“ geben allzu getreu das Abgebildete wieder. Damit reißen beide Maler im minder-klerikal bemittelten Bremen große, aber offenstehende Tore auf.

Dennoch liegt zur Zeit nach Aussagen von gewöhnlich gut unterrichteten Waller Kunstkreisen beim Vorstand der Ga-De -We

eine Unterschriftenliste aus, die alle BremerInnen aufruft ein Volksbegehren auf Einleitung eines Seligsprechungssverfahrens für Theres Neumann, einzuleiten.

Til Mette

Die Ausstellung ist noch bis zum 9. März 89 im Foyer des Ernst-Waldau-Theaters, Waller-Heerstr. zu sehen.

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