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Die Hessen haben die Wahl

Endspurt im Kampf um die fünf Millionen Stimmen für die Rathausparlamente In Frankfurt und Langen wählen AusländerInnen symbolisch mit  ■  Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Wahlkämpfer aller bundesdeutschen Parteien setzten am Freitag zum Endspurt um die Gunst der knapp fünf Millionen hessischen WählerInnen an: Während Bundeskanzler Helmut Kohl auf dem Frankfurter Römerberg den rassistischen Wahlkampf der hessischen CDU unterstützte, rockte Udo Lindenberg in der Festhalle zusammen mit Klaus Lage und Oskar Lafontaine für die Sozialdemokraten. Die Grünen und ihre Klientel demonstrierten in der Innenstadt der Mainmetropole gegen die „schwarz-braune Hetze“ der CDU und für „Solidarität mit Daniel Cohn-Bendit“. Unter dem Motto: „Wahlrecht für alle“ wollen am Sonntag auch die Bürger in Hessen wählen, die nach dem Willen der „Republikaner“, der NPD und der CDU von jeglichem Wahlrecht in der Bundesrepublik ausgeschlossen bleiben sollen: AusländerInnen, die in Hessen ihren ersten Wohnsitz haben. In Frankfurt haben zahlreiche Organisationen - vom deutsch -türkischen Jugendverein „Saz-Rock“ über den Verein griechischer Eltern bis hin zum DGB-Kreis Frankfurt - für den Sonntag eine „symbolische Wahl“ organisiert. Wahllokal soll das Internationale Familienzentrum in der Adalbertstraße 10 sein. Der Initiativausschuß „Ausländische Mitbürger in Hessen“ erklärte dazu, daß die AusländerInnen mit dieser Aktion zum Ausdruck bringen wollten, „daß sie sich am politischen Leben der Stadt massiv beteiligen“. Schließlich sei das Wahlrecht ein Menschenrecht.

Auch in Langen, die Stadt, in der Kühnen (Nationale Sammlung - NS) zur Wahl antreten wollte, werden die AusländerInnen am Sonntag symbolisch mitwählen.

In der südhessischen Gemeinde Bischofsheim, wo der dortige Ausländerbeirat gleichfalls eine symbolische Wahl durchführen wollte, intervenierte die lokale CDU bei der Landesregierung gegen das Vorhaben. Vom hessischen Innenminister Milde (CDU) erhielten die Bischofsheimer „Christdemokraten“ denn auch die erwartete Antwort: Die symbolische Wahl wurde mit der Begründung untersagt, daß eine gleichzeitig in einem öffentlichen Gebäude stattfindende Wahl der Ausländer das Wahlverhalten der Deutschen beeinflußen könnte. Nun dürfen die AusländerInnen dort erst eine Woche nach den hessischen Kommunalwahlen zur Wahlurne schreiten.

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Unterdessen ist gestern in Wiesbaden die Sitzung des sogenannten Fairneß-Ausschusses geplatzt, der einen fairen Wahlkampf gewährleisten sollte. Die SPD verließ die Sitzung gleich nach Beginn, weil weder Ministerpräsident Walter Wallmann (CDU) noch der hessische FDP-Chef und Wissenschaftsminister Wolfgang Gerhard erschienen waren. Die Sozialdemokraten hatten gefordert, daß sich die beiden vor dem Gremium zu rechtsradikalen und ausländerfeindlichen Parolen der Union äußern.

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