: Gute wie blöde Feen-betr.: "Aus der Traum...", taz vom 16.3.89
betr.: dito
(...) So einfach ist das also: Hier das Gute an und für sich, das sogenannte „weibliche Denken als Identifikation mit der Natur“, dort das allgegenwärtige Böse, die „männlichen Formen des Denkens“, die Naturzerstörung, Beherrschung der Natur etc. Die Leistungen der entthronten Ex-Vorbild-Frauen werden negiert, zu mehr als Prostitution waren die eh nicht in der Lage („verrieten den Männern bereitwillig viele Geheimnisse der Natur“, „liefern den Männern Interpretationsmodelle“, „verhelfen den Männern zu ihren (?) grundlegenden Natureingriffen“, „geben ihre Naturentdeckungen den Männern preis“). Schwarz-weiß-malerei par excellence. Hier die bösen Männer, die bekanntlich alle immer mit dem Basteln von Atombomben beschäftigt sind, dort die guten Frauen, die bis auf die Ausnahmen, die (u.a. laut Freud, und nicht zuletzt der guten, aber blöden Anna) keine richtigen Frauen sind, Natur behüten, „Geheimnisse“ wahren etc. Prost Mahlzeit.
Nicht von ungefähr muß dann bei solcher Schwarz-weiß -malerei der Begabungsmythos noch herhalten, um denkende Frauen zu „Komplizinnen des Patriarchats“ abzustempeln; und Marx wird - bei allen Widersprüchen, die er auch in der sogenannten „Frauenfrage“ an den Tag legt - in einem Atemzug genannt mit erklärten Herrschaftsapologeten wie Goethe, Freud und Platon; eines haben die schließlich gemeinsam: Sie waren „nur Männer“. Frauen sind wohl per se mehr jedenfalls, wenn sie in Esoteriker-Kräuterteekränzchen „autonome subjektive Theorie“ betreiben. Nee, nichts da, im Ghetto kann keine(r) leben, schon gar nicht ganz!
Aber welche Geheimnisse soll die Natur denn überhaupt in sich bergen? Natur ist einfach da, und sonst nichts. Wo sie mystifiziert, geheimnisumwoben zu sein scheint, ist das ja wohl das Werk von Menschen, das heißt Ergebnis von Kultur. Wer vom „Entdecken“ von Natur spricht, setzt ja wohl voraus, daß da erstmal was „zu-gedeckt“ wurde; denn wo keine Hüllen sind, kann man die nicht nehmen. Und in der Tat, fürs Zudecken gibt's ja Beispiele, etwa das aristotelische Weltbild. Aber irgendetwas stimmt da nicht: Wenn das „Entdecken“ böse, maskulin, schwarz ist, muß der Gegenpol „Zudecken“ doch gut, feminin, weiß sein. Aber Aristoteles, der Zu-Decker, war doch ein Mann, also böse! Und Galilei, der dann wieder das Zugedeckte ent-deckt hat, auch; und die, die ihn dafür verfolgten, auch! Und die alle konnten ihren (Blöd-)Sinn nur verzapfen, weil da so gute wie blöde Feen waren, die ihnen die Pantoffeln unter die Füße stellten, ihnen Bütterchen schmierten und Kraftbrühe kochten. Was ist denn nun gut, und was ist böse?
Wie wär's, wenn wir ersatzweise einfach mal Schluß machten mit jedweder Mystifikation von Natur und mit den Rastern „gut“ und „böse“, „schwarz“ und „weiß“, „maskulin“ und „feminin“? Zu „entdecken“ gibt's dann immer noch genug, nämlich da, wo von machtgeilen Männern und Frauen gleichermaßen geheimnisvolle Riten kultiviert werden, welche die Grundfesten der Herrschaft des Menschen über den Menschen bilden.
Wieso macht man nicht Schluß damit, Natur zu verwüsten, Kriege auf der Erde zu führen, und sich dabei gegenseitig den bösen schwarzen Peter zuzuschieben, den andere einem irgendwann einmal übergebraten haben? Wieso reden wir nicht lieber über die Geheimnisse, in die das, was hierzulande „Kultur“ heißt, eingehüllt ist, statt der Natur welche anzudichten?
G.H. Wuppertal
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