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Bremens „O-Weg“ autofrei

■ Bremens schönste Straße, der Ostertorsteinweg, soll zum metropolitanen Bummelboulevard umfunktioniert werden / Fünf Mark wird jeder Einkauf billiger

Eigentlich sollte es der ganz große Clou für die nächste Bürgerschaftswahl werden, aber jetzt wurde der SPD-Plan vorab bekannt. Am Rande einer Deputationssitzung platzte es Bausenator Konrad Kunick heraus: „Die Autos kommen da wech!“ Gemeint ist der Ostertorsteinweg, Bre

mens einzige metropolitane Straße. Mit finanzieller Unterstützung aus Brüssel, Bonn und High-Tec aus Tokio wird der „O-Weg“ radikal verkehrsberuhigt. Private PKWs werden an eigens errichteten Sperrschranken abgewimmelt und zu Park -and-Ride-Plätzen an der Stadtgrenze umdirigiert. Ortsamtsleiter Diedrich Heck ist stolz, daß er sechzehn ABM -Stellen (BAT IIIa) für die Kontrolle an den Zugängen durchgesetzt hat: „Da kommen nur noch schwerbehinderte Pkw -FahrerInnen durch!“ Auch Straßenbahn und Fahrräder dürfen weiterhin passieren.

Bisher hatten vor allem LadeninhaberInnen am O-Weg sich gegen die Verkehrsberuhigung ausgesprochen. Sie füchteten, daß ihnen die KundInnen wegbleiben. Mit ihnen hat Finanzsenator Claus Grobecker einen Modellversuch abgestimmt: Jede RadlerIn, die mit dem Zweirad zum Shopping kommt, erhält fünf Mark bei jedem Einkauf gutgeschrieben. Als Nachweis reichen Hosenklammern, Regen-Pelerine oder Luftpumpe. Die verauslagten 5,- Mark bekommen die Ladeninhaber aus einem besonderen Topf beim Finanzsenator erstattet. Grobecker: „Das ist ein Bremer Modell, das Geld hab ich

in Brüssel locker gemacht!“

Damit dürfte der O-Weg zu einer der attriktivsten Shopping -Zone der Stadt werden. Staus auf den Radwegen wären vorprogrammiert. Mit neuen Ideen ist die Wirtschaftsförderungsgesellschaf(WFG) nun auf den Plan getreten. In Japan hat Geschäftsführer Hartmut Schmädeke Hochtechnologie eingekauft. Es handelt sich um einen Computer zur Erfassung der zu erwartenden RadlerInnenströme im O-Weg: Beim Einbiegen auf die Radler-Meile schickt das Gerät Ultraschall-Strahlen aus, die von den

Reflektoren an den Speichen zurückgeworfen werden. Die kauflustigen RadlerInnen werden registriert, numeriert und bekommen über Lautsprecher Stellplätze zugewiesen. Wenn alles gut geht, wird die japanische Firma in Bremen eine Produktionsstätte für den deutschen Markt schaffen.

Seit die Nachricht von der radikalen Verkehrsberuhigung am O-Weg durchgesickert war, herrschte im Hauptquartier der Grünen in der Rembertigstraße gedrückte Stimmung. „Das war unsere Idee“, schimpft Martin Thomas: „Alles, was die Sozialdemokraten können, ist Ideen klauen.“ Die Fraktion werkelt nun an einem Plan, der bald bundesweit Schlagzeilen machen könnte: Der Bremer Flughafen soll verkehrsberuhigt werden. Nur noch Segelflugzeuge werden dann Landeerlaubnis bekommen. Die Betonpisten könnten „rückgebaut“ und die freiwerdenden Flächen in einen Feuchtbiotop verwandelt werden. Fraktionsmitarbeiter Jörn Hansen hat bereits einige Dutzend Frösche parat, die er gerne auf dem Neuenlander Feld heimisch machen würde. MdBBü Irmgard Jahnke: „Das soll uns die SPD mal nachmachen!“

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