: Vermittler unerwünscht
■ Die Länderjustizminister sind sich über Walter Mompers Initiative zum Hungerstreik nicht einig geworden
Rita Süssmuth (CDU) und Jürgen Schmude (SPD) waren bereit, als Vermittler gegenüber den hungerstreikenden Gefangenen aufzutreten. Die Bedingung: ein Auftrag aller Justizminister. Doch den bekamen sie nicht. Die meisten CDU/CSU-regierten Länder hoffen lieber auf den Bonner Justiz -Staatssekretär Kinkel.
Nicht einmal eine Konferenz der Länderjustizminister, wie sie Walter Momper vorgeschlagen hatte, kam zustande. Schon am Telefon waren sich gestern die SPD-CDU-CSU-FDP-Minister einig, daß sie sich nicht einig werden würden.
Zu diesem Zeitpunkt hatte nicht nur CSU-Generalsekretär Erwin Huber den Vorschlag des Berliner Regierenden Bürgermeisters, Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth und den Präses der Evangelischen Kirche, Jürgen Schmude, als Vermittler zu den Hungerstreikenden zu schicken, abgekanzelt: als „Verbeugung vor seinem Koalitionspartner AL, der der RAF offenbar freundlich zugetan ist“. Und die bayerische Justizministerin Mathilde Berghofer-Weichner hatte erklärt, daß eine Zusammenlegung „für Bayern nicht in Betracht kommt“. Auch die CDU-regierten Länder Baden -Württemberg und Rheinland-Pfalz lehnten bereits am Donnerstag ab. Der rheinland-pfälzische Justizminsiter Peter Caesar (FDP) warf Momper vor, er habe den diskreten Bemühungen der Länder um eine Lösung des Hungerstreiks „schweren Schaden zugefügt“. Ohne Mompers Vorschlag, so Caesar, hätten die Gespräche von Klaus Kinkel, Staatssekretär im Bundesjustizministerium, mit RAF -Häftlingen - möglicherweise mit Hilfe eines Kompromisses eine Unterbrechung oder ein Ende des Hungerstreiks zur Folge gehabt. Bekannt ist allerdings, daß Kinkel in einem ersten Gespräch mit der RAF-Gefangenen Brigitte Mohnhaupt nicht über Kompromisse, sondern nur über einen Abbruch des Hungerstreiks reden wollte.
Unter den Unionsländern stellte sich lediglich Niedersachsen mit Justizminister Werner Remmers nicht gegen die Vermittlungsbemühungen und forderte Walter Momper auf, für eine Zusammenlegung einiger Gefangener in Berlin konkrete Vorschläge zu machen. Momper und seine Justizsenatorin Jutta Limbach forderten ihrerseits am Donnerstag in einem Schreiben an die anderen Justizminister von Bund und Ländern, man müsse unverzüglich zu einer gemeinsamen politischen Lösung kommen.
Gar nichts davon wissen will der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Hermann Lutz. Eine Zusammenlegung sei nur dann erwägenswert, wenn sich die Mitglieder der RAF eindeutig von Gewalt als Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele distanzierten. In einem Interview mit der 'Mainzer Allgemeinen Zeitung‘ räumte er zwar ein, daß von einer Zusammenlegung keine Gefahr für den Staat ausgehe. Andererseits diene dies sicher einer Gruppenstabilisierung. „Der Staat muß stark sein, er darf sich nicht erpressen lassen“, forderte Lutz.
Dieselbe Parole gab gestern auch 'Die Welt‘ in ihrem Leitkommentar aus: „Als es um das Leben von Schleyer ging, hat sich der Staat entschieden, 'hart‘ zu bleiben. Soll er jetzt nachgeben, wo Mörder sich selber bedrohen?“
mr/ap/dpa
Karl-Heinz Dellwo
Der Gesundheitszustand von Karl-Heinz Dellwo war auch gestern, am 59. Tag des Hungerstreiks, weiterhin „stabil“. Wie der Rechtsanwalt des Celler Gefangenen, Rainer Koch, mitteilte, nahm Dellwo normal am Hofgang teil und zeigte „keine Ausfallerscheinungen“. Der Gefangene, der vor zehn Tagen eine Bronchitis und eine Grippe überstanden hatte, sei in guter Verfassung in den Hungerstreik gegangen, sagte der Rechtsanwalt. Man müsse jedoch damit rechnen, daß Dellwos Gesundheitszustand in der nächsten Woche kritisch werde.
ü.o.
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