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Momper-Initiative im Keim erstickt

JustizministerInnen verweigern Vermittlungsauftrag für Rita Süssmuth im RAF-Hungerstreik / Mompers Vorstoß als Störmanöver abqualifiziert / Staatssekretär Kinkel soll weiterverhandeln / Pohl-Anwalt: „Absurd“ / Gefangene nach wie vor gesprächsbereit  ■  Von Gast/Wiedemann/Jakobs

Berlin (taz) - Die Vermittlungsinitiative des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Walter Momper, ist gescheitert. 60 Tage nach Beginn des Hungerstreiks der RAF-Gefangenen verweigerten die JustizministerInnen von Bayern, Baden -Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz ihre Zustimmung zu dem Vorschlag, die Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) solle zwischen den Hungerstreikenden und den staatlichen Stellen vermitteln. Rita Süssmuth hatte ihre Vermittlung von der Zustimmung der Landesjustizminister abhängig gemacht. Außer Süssmuth hatte Momper auch den Präses der evangelischen Kirche, Jürgen Schmude (SPD), vorgeschlagen. Der nordrhein-westfälische Justizminister Rolf Krumsiek erklärte gestern als Vorsitzender der Justizministerkonferenz: „Die Bemühungen, eine Einigung der Bundesländer zur Auftragserteilung herzustellen, hatten jedoch keinen Erfolg.“

Bedauerlich nannte Walter Momper gestern das Scheitern seiner Initiative. Mit einem Appell suchte er anschließend um die Unterstützung der Ministerpräsidenten: „Die Verantwortung für die Lösung dieses Konflikts, der letztlich Fragen der inneren Sicherheit und des Umgangs des Staates mit dem Terrorismus insgesamt umfaßt, kann nicht auf die Justizminister beschränkt bleiben.“

Anstelle einer Vermittlung durch die Bundestagspräsidentin soll nun im Auftrag der Landesminister der Staatssekretär im Bonner Justizministerium, Klaus Kinkel, seine Gespräche mit den RAF-Gefangenen fortsetzen.

„Die Bemühungen um eine friedliche Beendigung des Hungerstreikes sind bei der Justiz in besten Händen“, betonte gestern auch das Bonner Justizministerium. Kinkel habe Fortsetzung Seite 2

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sich seit Anbeginn in „intensivstem Kontakt mit allen Justizministern und -senatoren“ als Koordinator bemüht. Auch das Treffen mit der inhaftierten Brigitte Mohnhaupt am Dienstag sei „in engster Abstimmung“ erfolgt. Der Verhandlungsrahmen des Staatssekretärs wurde gestern vom Ministeriumssprecher Jürgen Schmid allerdings nur sehr allgemein beschrieben.

Mompers Vermittlungsvorschlag wurde auch vom rheinland -pfälzischen Justizminister Caesar (FDP) attackiert. Gestern behauptete er, ohne Mompers Einmischung hätten die im Einvernehmen mit den Justizministern geführten Gespräche Kinkels eine Unterbrechung oder ein Ende des Hungerstreiks bewirkt.

Von einem Einvernehmen über ein Verhandlungsangebot oder eine Verhandlungsstrategie kann nach Informationen der taz keine Rede sein. So hat Niedersachsens Justizminister Remmer noch kurz nach Mompers Vorstoß eingeräumt, von derartigen Absprachen nichts zu wissen. Über Mompers Vorschlag zeigte sich die hannoversche Behörde dennoch nicht glücklich. „Bevor hier weitergeredet wird, muß erst einmal ein Aufnahmeland gefunden werden“, heißt es mit Blick auf eine anvisierte Zusammenlegung. Wenn Momper seinen Vorschlag ernst meine und einer Zusammenlegung in Berlin zustimmen würde, dann könne er „schon morgen früh unsere Gefangenen am Flughafen abholen“.

Die hungerstreikenden RAF-Gefangenen haben gestern über ihre Anwälte erneut ihre „grundsätzliche Gesprächsbereitschaft“ signalisiert. Vorraussetzung für tatsächliche Gespräche seien aber konkrete Angebote von dafür autorisierten Personen. Johannes Pausch, Anwalt von Helmut Pohl, bezeichnete es zugleich als „absurd“, die gestern von den Landesjustizministern gefor

derte Fortsetzung der Gespräche durch Staatssekretär Kinkel mit Verhandlungen gleichzusetzen. Kinkel habe nichts weiter getan, als den Gefangenen zu erklären, daß es von seiten des Staates „keinerlei Zugeständnisse“ geben werde.

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