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Antiquierter Vorschlag-betr.: "Die Monotonie der Entlarvung", taz vom 16.3.89

betr.: „Die Monotonie der Entlarvung“, taz vom 16.3.89

Sontheimer bestreitet die Möglichkeiten einer antibürgerlichen Tageszeitung. Das (alte) Neue der nun zu Ende gehenden achtziger Jahre fest im Blick verleumdet er das Engagement einer Zeitung für soziale Bewegungen und Basisnähe als Rückkehr zu „Marginalität“ und „Dogmatismus“ der Siebziger. Statt dessen empfiehlt Sontheimer einen Weg der „Einflußnahme“ inklusive Verlassen des eigenen „Milieus“ mit Hilfe der bürgerlichen Öffentlichkeit.

In der Tat ein Armutszeugnis für einen „progressiven“ Journalisten, die herrschenden Manipulationsstrukturen als „Ausweg aus dem Ghetto“ zu empfehlen. Zwar gibt Sontheimer sich professionell; doch realpolitische Qualität in Recherche und Kommentar nahezulegen, erscheint angesichts der tazsachen als der blanke Hohn. Kraus, Luxemburg, Tucholsky, Ossietzky und wie sie alle heißen mögen würden sich schaudernd abwenden ob der auratischen Ignoranz, mit der sich beispielsweise ein Klingelschmitt das Thema Papen -Zentrum-Faschismus zusammenkommentiert hat. Qualität und Recherche waren noch nie die Stärke der sogenannten Profis, worüber bisher solidarisch hinweggeschwiegen wurde. Jetzt aber bürgerlich liberale Tugenden als Heilmittel gegen die bis heute notwendige Kritik anzupreisen, deucht bösartig.

Sontheimers antiquierter Vorschlag präsentiert ein journalistisches Selbstverständnis, für das „links“ ein undefinierbares Schimpfwort ist; ein Selbstverständnis, das die eigene Schreiberei als „Aufklärung“ verkauft und in Wahrheit nicht viel mehr zu bieten hat als die Metamorphosen eines armen Würstchens.

Stefan Glienicke, Wiesbaden

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