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GATT: Mit Dunkel-Papier auf Kompromiß-Suche

Solange sich die Delegationen nicht einig sind, bleibt die „Halbzeit-Einigung“ auf Eis  ■  Aus Genf Andreas Zumach

Der EG-USA-Streit über Agrarsubventionen sowie die Auseinandersetzung zwischen den westlichen Industriestaaten und Drittweltländern über den Schutz von geistigem Eigentum und Patentrechten stehen im Vordergrund der morgen in Genf beginnenden GATT-Verhandlungen, an denen auch US -Agrarminister Yeutter und eventuell Präsident Bushs Handelsbeauftragte Hills teilnehmen werden. Vor allem an den Subventions- und Urheberrechtsfragen waren im Dezember 1988 in Montreal die Verhandlungen zwischen den 95 Mitgliedsstaaten des „Allgemeinen Zoll-und Handelsabkommens“ (GATT) über „Liberalisierungen“ des Welthandels gescheitert.

Weniger problematisch sind einige noch zu klärende Details einer Vereinbarung über die internationale Textilproduktion sowie allgemeiner Handelsschutzmaßnahmen. Die Dezember -Regelungen in elf anderen Bereichen bleiben so lange auf Eis, bis sich die Delegationen über diese insgesamt vier Probleme geeinigt haben. Selbstgestecktes Ziel der nach ihrem Beginn im uruguayischen Punta del Este im September 1986 benannten „Uruguay-Runde“ des GATT ist eine Einigung bis Ende 1990.

Die EG lehnt die Forderung der USA nach völliger „Eliminierung“ von Subventionen an die Agrarindustrie bis zum Jahr 2000 ab. In wochenlangen bilateralen Gesprächen in Washington und Brüssel sowie in den seit letztem Freitag in Genf laufenden Vorverhandlungen konnten sich die Experten beider Seiten bislang auch nicht auf ein von GATT -Generaldirektor Dunkel vorgelegtes Kompromißpapier einigen. GATT-Sprecher Woods bezeichnete Berichte der Nachrichtenagentur 'Reuter‘ über einen angeblich am Wochenende erzielten Komprimiß als „falsch“. Es gebe noch „gravierende Probleme“, deren Überwindung „viel Flexibilität von allen Beteiligten“ erfordere.

Dunkel schlägt als Sofortmaßnahme ein „Einfrieren“ der Agrarsubventionen auf dem derzeitigen Stand vor. Langfristig sollen die Subventionszahlungen sowie protektionistische Bestimmungen „substantiell abgebaut werden“. Ihre „Eliminierung“ als Ergebnis von Reduzierungen sieht das Dunkel-Papier zur Unzufriedenheit der USA nicht vor. Allerdings schlägt er die „Eliminierung handelsverzerrender Auswirkungen“ vor.

Gegen diese Formulierung wehrt sich die EG. Verkompliziert wird der Streit durch die am Sonntag von der „Cairns-Gruppe“ erneuerten Forderung, die Agrarsubventionen bis 1990 um mindestens zehn Prozent zu reduzieren. In der im australischen Cairns gegründeten Gruppe haben sich unter der Führung von Kanada und Australien 13 wesentlich von Agrarexporten abhängige Staaten zur Durchsetzung ihrer Forderungen nach mehr Markt im weltweiten Agrargeschäft organisiert. Der australische Außenminister Evans drohte letzte Woche mit einem Auszug der Cairns-Gruppe, falls nicht wesentliche Fortschritte beim Subventionsabbau erzielt werden.

Die westlichen Industriestaaten (aus Osteurop sind lediglich Rumänien und Ungarn GATT-Mitglieder) wollen in dieser Verhandlungsrunde Vereinbarungen über einen weitgehenden Schutz von intellektuellem Besitz und Patentrechten durchsetzen. Auf dem Tisch liegt ein von den USA, Japan und der Schweiz ausgearbeiteter Vorschlag, der minimale Standard in der Industrieproduktion, die Verlängeung von Patentlaufzeiten auf 20 Jahre, von Copy -Rechten auf 50 Jahre nach dem Tod von AutorInnen sowie Restriktionen beim Austausch von Technologie und Know-how vorsieht. Die meisten Drittweltstaaten, angeführt von Indien und Brasilien, lehnen derart weitgehende Vereinbarungen ab. Sie dienten lediglich der Schaffung und Sicherung von Monopolen der Industriestaaten und führten zu höheren Preisen zum Beispiel bei Arzneimitteln. Eine internationale Vereinbarung über Minimalstandards verlangsame außerdem den Technologietransfer in die Entwicklungsländer. Für den Fall, daß keine für sie zufriedenstellende Vereinbarung zustande kommt, haben die USA bereits angekündigt, einseitige Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

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