piwik no script img

Glänzender Stahl

 ■  McCASH FLOWS ORAKEL

Daß die Auguren des Dollarkurses oft daneben liegen - zu Beginn letzten Jahres war von den „Experten“ zur Dollarkursentwicklung so ziemlich alles zu hören, von „fällt bis auf 1,20 DM“ bis „steigt über 3,50 DM“ -, ist bekannt. Nichts scheint schwerer, als in den Turbulenzen des Weltwirtschaftskarussells klare Sicht auf die Entwicklung der Leitwährung zu bewahren. Einfach schienen es da die Börsenratgeber zu haben, die Anfang 1988 vor Stahlaktien warnten, indem sie auf die international schwierige Stahlkonjunktur, die Gefahren der Billigproduktion aus den Schwellenländern und einen insgesamt bleischweren Markt für die Aktien der Stahlkocher verwiesen - eine Voraussage, die angesichts der gerade tobenden Konflikte bei Krupp Rheinhausen einleuchtend wirkte. Zumal die Aktien von Hoesch, Mannesmann, Thyssen und Co. vom Höhenflug vor dem 87er Crash längst nicht so beflügelt wurden wie High-Tech, High-Chem und andere moderne Aktien, in der Folge des schwarzen Dienstags aber ebenso wie diese stark Federn lassen mußten. Hoesch-Aktien beispielsweise waren für 70 Mark zu haben, und wer im trüben Januar 1988 vorausgesagt hätte, daß sich der Hoesch-Kurs innerhalb der nächsten 15 Monate nahezu vervierfachen würde, den hätte ein Lachorkan der Börsenexperten hinweggefegt. Und doch war seit dem letzten großen Krach auf dem deutschen Aktienmarkt kaum ein besseres Geschäft zu machen, als seinen letzten Pfifferling auf konventionelle, konservative Stahlaktien zu setzen. 249,80 DM mußten am vergangenen Montag für eine Hoesch-Aktie bezahlt werden, in der Woche davor waren es sogar 254 DM und die Tendenz ist, freundliches internationales Börsenwetter vorausgesetzt, weiterhin steigend. Nicht nur bei Hoesch, sondern auch bei der Konkurrenz, die in der Vergangenheit ebenfalls starke Kursgewinne verzeichneten: So kletterten z.B. Thyssen und Mannesmann von 99 auf 240 DM und Krupp von 77 auf 217 DM. Hervorragende Geschäftsberichte und angekündigte Dividendenerhöhungen sprechen dafür, daß die Renaissance der Schwerindustrie auf dem Aktienmarkt noch eine Weile anhält.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen