: Die Basis war willig, der Magistrat ist bereit
■ Die Parteiversammlungen von SPD und Grünen in Frankfurt bestätigen die Koalitionsvereinbarungen und Dezernenten / Kritik an den "Geheimverhandlungen"
Frankfurt (taz) - Auch in der Liga der professionellen Politiker auf der lokalen Ebene (C-Klasse) werden wichtige Spiele zeitgleich angepfiffen. Während der Kreisvorstand der Frankfurter Grünen am vergangenen Dienstag um 18 Uhr zur Mitgliederversammlung in die berühmt-berüchtigte Mainzer Landstraße 147 geladen hatte, versammelten sich die Sozialdemokraten der Mainmetropole standesgemäß im Volksbildungsheim.
Gemeinsames Ziel der Initiatoren beider Veranstaltungen: Die Basis sollte den VerhandlungsführerInnen aus beiden Parteien sowohl das Verhandlungsergebnis als auch die bereits ausgedeuteten Dezernenten für den neuen Magistrat der Wirtschaftshauptstadt der Republik bestätigen. Und die Basis war in beiden Lagern willig: Fast ohne Gegenstimmen segneten Grüne und Sozialdemokraten Vereinbarungen und Personen ab. Reichlich Kritik gab es auf der Mitgliederversammlung der Grünen am Stil der rot-grünen Verhandlungen. Die Geheimverhandlungen im „Holiday Inn“ hätten der bislang von den Grünen vertretenen „offenen Linie“ diametral entgegengestanden.
Doch es blieb beim halblauten Murren an der grünen Basis, das sich denn auch eher am Tresen als am Saalmirkofon verhalten Bahn brach. Die rund dreihundert Parteimitglieder ließen geduldig die zig Vorträge über die Verhandlungsergebnisse im Detail über sich ergehen. Und die wenigen Radialökologen intervenierten - angesichts der klaren Mehrheitsverhältnisse im Kreisverband Frankfurt eher lustlos: fundamentalistische Pflichtübungen. Viel Beifall gab's dagegen für die Koalitionsvereinbarungen in den Bereichen Verkehrs- und Ausländerpolitik und für das Verhandlungsergebnis „multikulturelles Dezernat“.
Als dann gegen 23 Uhr die Abstimmungsmaschinerie angelaufen war, konnte auch der im Vorfeld der Mitgliederversammlung umstrittene Kandidat für das multikulturelle Dezernat, der 'Pflasterstrand'-Herausgeber Dany Cohn-Bendit, erleichtert aufatmen. „Uns Dany“ fing nur ganze sechzehn Neinstimmen ein - und mit dem gleichen Abstimmungsergebnis wurden sowohl die hauptamtlichen DezernatskandidatInnen des Kreisvorstandes der Grünen (Margarethe Nimsch, Tom Koenigs und Jutta Ebeling) als auch die zu Papier gebrachten Koalitionsvereinbarungen bestätigt. In einer anschließenden Kampfabstimmung nominierte die Basis dann noch Anne Seifert vom „grünen Jugendstammtisch“ zur Kandidatin für einen weiteren ehrenamtlichen Magistratssitz für die Grünen.
„Wenn die Fischer-Gang durchdreht...“
Die Dezernenten der SPD wurden im Volksbildungsheim en bloc mit nur einer Gegenstimme und zehn Enthaltungen von den gleichfalls rund 300 sozialdemokratischen Delegierten bestätigt. Der Posten des Baudezernenten blieb allerdings vakant: Der Schwabe Wilfried Borchers, der eigentlich ursprünglich für den Posten vorgesehen war, zog seine Kandidatur wegen der Proteste gegen zuviele „Auswärtige“ zurück.
Auch bei der SPD-Basis war der Stil der Koalitionsverhandlungen einer der Hauptkritikpunkte: „Wenn die 'Fischer-Gang‘ durchdreht und ihre Basisdemokratie verleugnet, braucht die SPD das doch nicht nachzumachen“, sagte der Juso Klaus Storch.
In Unterkommissionen hätte die Kompetenz der Partei besser genutzt werden können. Zahlreiche Delegierte beklagten den Verlust „originärer sozialdemokratischer Ressorts“, die „gesellschaftliche Akzente“ setzten, an die Grünen. Damit war in erster Linie das Schuldezernat gemeint, aber auch das Amt für Multikulturelles. Die „Schlüsselposition in der Ausländerfrage“ hätten viele lieber in sozialdemokratischer Hand gesehen.
Der Delegierte Yilmaz Karahasan sagte, er sei froh, daß das Koalitionspapier die „multinationale Gesellschaft“ festschreibe. Um die Ausländer aus ihrer Objektrolle zu befreien, hätte man aber das multikulturelle Dezernat einem Ausländer geben sollen. Inhaltliche Kritik an den Koalitionsvereinbarungen gab es kaum.
Zahlreiche Delegierte begrüßten den geplanten „ökologischen Umbau“. Einige bezweifelten jedoch die Finanzierbarkeit einzelner Programmpunkte. Die Mitglieder der Verhandlungskommission wiesen dagegen jegliche Kritik zurück: „Wir haben jetzt zwölf Jahre in der Opposition rumgehampelt“, sagte Ilse Vaupel. Jetzt dürfe man die Chance nicht zerreden.
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