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DDR-Agenten-Anekdote

■ Freie Presse, besetzte Telefonleitungen

So ein Gästehaus des DDR-Ministerrats ist eine feine Sache. Geräumige Zimmer, Fernsehen, Stereo, Vollbad mit großen und ganz großen Handtüchern. Und natürlich Telefon: Die Rezeption vermittelt Ihnen gerne Gespräche aufs Zimmer, heißt es dazu im Hausprospekt auf russisch, französisch, englisch und deutsch.

Was also macht ein taz-Redakteur, den eine Bremer DKP -Delegation nach Berlin (Ost) verschlagen hat, in seinem naiven Glauben an Hausprospekte, Pressefreiheit und die Arbeitsüberlastung seiner daheimgebliebenen KollegInnen? Sitzend in bequemen, dem Ministerrat vom Volk überlassenen Sesseln schreibt er einen Reise-Bericht. Gerne würde er seine Redaktion von seinen Bemühungen in Kenntnis setzen. Er bittet also die sehr freundlichen Damen an der Rezeption sehr freundlich um die Herstellung einer Telefonverbindung, was die freundlicherweise und mit bemerkenswerter Geduld auch versuchen. Und versuchen und versuchen.

Nach zwei Stunden ruft die freundliche Dame an der Rezeption verzweifelt die Störungsstelle an. Dem taz-Menschen teilt sie bedauernd mit: „Das ist hier noch nie passiert. Aber Telefonanlage ist völlig tot.“

Der taz-Redakteur denkt, daß er erstens bescheuert und ihm zweitensgerade eine Ehre angetan ist. Schließlich hatte ihn die SED zuvor um Schreibverzicht ersuchen lassen. Unautorisiertes taz-Artikelschreiben gilt im Gästehaus des Ministerrats nämlich als „nachrichtendienstliche Tätigkeit“.

K.S.

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