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Bush hofft auf Noriegas Einsicht

Einige US-amerikanische Kongreßabgeordnete fordern, Panamas starken Mann mit Gewalt abzuräumen / Eine militärische Intervention erscheint eher möglich als die Kündigung des Panamakanal-Vertrages / 279 ausländische Wahlbeobachter erklärten Oppositionskandidaten zum Sieger  ■  Aus Washington Stefan Schaaf

General Noriega, der Militärchef Panamas, ist ins Rampenlicht der US-amerikanischen Aufmerksamkeit zurückgekehrt. Im vergangenen Jahr versuchte die Reagan -Administration erfolglos, Noriega wegen Drogenschmuggels vor Gericht zu stellen und deswegen seines Amtes zu entheben. Nun hat der ungeliebte starke Mann Panamas durch eine massive Wahlfälschung seinen Anspruch auf die Macht abermals bekräftigt.

In Washington gaben sich am Dienstag die aus den Vereinigten Staaten entsandten Wahlbeobachter die Tür in die Hand, um Präsident George Bush Bericht zu erstatten. Die Krisenstimmung wuchs; Empörung über die Dreistigkeit Noriegas mischte sich mit der Einsicht, daß die Macht des großen Bruders über die Ereignisse am Panama-Kanal begrenzt ist.

Noriega war bereits zweimal in Miami angeklagt worden und hatte dies ebenso überstanden wie einen Putschversuch und die im letzten Jahr von den USA verhängten Wirtschaftssanktionen. Selbst zehn Millionen CIA-Dollar an die Opposition des Landes konnten nicht verhindern, daß das Noriega-Lager in Panama die Wahllisten nach Belieben fälschte und so ihrem Kandidaten Carlos Duque den Sieg zuschusterte.

Während einzelne US-amerikanische Kongreßabgeordnete drohten, Noriega müsse zur Not mit einer militärischen Invasion weggeräumt werden, versuchte Präsident Bush es mit einem Appell an Noriegas Gemeinsinn: „Wie gerne würde ich daran glauben“, sagte Bush, daß Noriega „den Ruf des Volkes und den Aufschrei der internationalen Gemeinschaft erhört und von seinem Amt zurücktritt“. Die Beziehungen zu den USA, so versprach Bush, würden sich „auf der Stelle dramatisch verbessern“. Zwischen derlei Wunschdenken und einer militärischen Intervention bleiben Washington kaum Optionen: ökonomische Sanktionen sind bereits in Kraft, sollten sie verschärft werden, würde darunter vor allem die soziale Basis der Oppositionsbewegung, der städtische Mittelstand Panamas, zu leiden haben.

Im Gespräch sind außerdem ein partieller Abzug des Botschaftspersonals, eine Evakuierung der 3.000 US-Bürger, die außerhalb der Militärbasen am Kanal leben, und die Entsendung zusätzlicher Truppen. Bush soll planen, eine Brigade von 3.000 Mann zur Verstärkung der 10.000 bereits in der Kanalzone stationierten US-Soldaten zu entsenden allerdings erst, wenn das offizielle Wahlergebnis verkündet worden ist und sich der Verdacht auf Wahlbetrug bestätigt hat.

In Brüssel meldete sich am Mittwoch die „Christdemokratische Internationale“ zu Wort und teilte mit, die 279 ausländischen Wahlbeobachter hätten in einer gemeinsamen Erklärung den deutlichen Sieg des - auch von den USA unterstützten - Oppositionskandidaten konstatiert. Außerdem hätten die Beobachter den Militärbehörden Wahlbetrug vorgeworfen.

Im US-Kongreß sind derweil erste Stimmen zu vernehmen, die eine Aufkündigung des Panamakanal-Vertrages fordern. Für einen solchen Schritt, den Präsident Bush allerdings praktisch ausgeschlossen hat, lassen sich in der US -amerikanischen Geschichte weniger Vorbilder finden als für eine militärische Intervention. Einen ähnlichen Vertrag haben die USA zuletzt im 18. Jahrhundert für ungültig erklärt. Interveniert wurde dagegen wesentlich häufiger. Bisweilen - wie 1954 in Guatemala - sogar nach Wahlen, die frei und fair verlaufen waren, deren Ergebnis Washington aber nicht genehm war.

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