: „Die Falken“ im Kino:
■ Todkranker Jokus
Was ist eine ernste Komödie? Lachen und Weinen zugleich? Wahrscheinlich nicht. Vielleicht eher ein ernstes Thema aus einer komischen Ecke betrachtet? Das könnte es sein.
Vor acht Jahren hat es Regisseur John Badham vorgemacht. Who's life is it anyway? mit Richard Dreyfuss führte uns mit beißendem Zynismus vor Augen, daß es ein Leben vor dem Tode gibt. Auch ein unheilbar kranker Mensch will nicht lediglich auf den Tod warten, vollgepumpt mit Medikamenten und zur Aufbewahrungsnummer der ÄrztInnen degradiert. Denn Lust geht auch den Todgeweihten nicht ab, soviel ist sicher.
Auch Robert Ellis Miller hat sich des brisanten Themas angenommen, Krebs und Aids sorgen auch in vermeintlich abgeschotteten Bürgerkreisen für gewaltige Unruhe, und safer sex mindestens so wichtig wie die Impfung gegen Kinderlähmung.Rechtsanwalt Bancroft (OO7 Timothy Dalton) und Ex-Footbalstar Decker (Anthony Edwards) sind zwei Kandidaten, deren Lebenslicht schon schwer am Flackern ist. Sie haben Leukämie. Auf der „Endstation“ eines englischen Krankenhauses warten sie auf den finalen Seufzer, doch zumindest der sprachlich versierte Bancroft mag sich gar nicht mit seiner Rolle abfinden. Er ist ein richtig impertinenter Saukerl, kneift den Schwestern in den Hintern und philosophiert lautstark über die „heilende Wollust“, die ihm freilich niemand zugestehen will. Also nimmt er Decker und das Problem selbst in die Hand, klaut einen Krankenwagen und begibt sich auf eine Lustfahrt zum größten Bordell in Amsterdam. So einfach ist das.
Oder eben nicht. Aus allem und jedem läßt sich ein Jokus machen, doch Hand und Fuß muß er haben. Millers Film hat seine komödiantischen Qualitäten, besonders als zwei ulkige Engländerinnen den letzten Lebenszipfel der beiden gehörig durcheinanderschütteln. Doch wer erfahren will, wie es wirklich ist, wenn wir vor der dunklen Mauer stehen, hinter der nichts mehr kommt, sollte lieber Badhams Kinowerk sehen. Trotzdem: Für zwei Stunden Amüsemang reichen Die Falken allemal. J.F.Sebastia
Stern 1, 15. 17.30. 20 Uhr
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