: Moskaus Nicaraguakurs verwirrt US-Diplomatie
■ Gorbatschow sagt Stopp der Waffenhilfe an die Sandinisten zu / CIA ortet Waffen im Wert von 80 Millionen Dollar
Washington / Berlin (wps / afp / taz) Verwirrung herrscht offenbar in der US-amerikanischen Regierung über Gorbatschows Zusage, die Waffenlieferungen an Nicaragua einzustellen. Marlin Fitzwater, Sprecher des Weißen Hauses, meldete Zweifel an der Ernsthaftigkeit des sowjetischen Angebots an: Der Kremlchef schüttele permanent Vorschläge aus dem Ärmel, doch bei näherem Hinsehen sei dann eben doch nicht viel dran. Wie die 'Washington Post‘ am Dienstag berichtete, hat Gorbatschow in der ersten Maiwoche Präsident Bush mitgeteilt, die Militärhilfe für Nicaragua sei seit Jahresbeginn eingestellt. 1988 hatte sie nach US -Angaben noch Waffen im Wert von 515 Millionen Dollar geliefert.
Seit Jahresbeginn sind nach Angaben des amerikanischen Geheimdienstes CIA 17 Schiffsladungen mit Rüstungsgütern im Wert von 80 Millionen Dollars aus der Sowjetunion und mit ihr verbündeten Ländern in Nicaragua eingetroffen. Beamte der CIA räumten allerdings ein, daß dies nicht unbedingt einen Bruch der Zusage Gorbatschows bedeute. Die Transporte könnten bereits vor Beginn des Lieferungsstopps auf den Weg gebracht worden sein.
Militärisch ist der Stopp für Nicaragua nicht von Bedeutung. Der Krieg läuft auf Sparflamme. Die Contra provoziert zwar hier und da noch Scharmützel. Doch militärisch ist sie längst geschlagen. Gorbatschows Initiative bringt nun die US-Administration schon deswegen in Bedrängnis, weil sie die Unterstützung der Contra auch mit sowjetischen Waffenlieferungen an Nicaragua begründet hatte. Die Regierung in Managua gab bekannt, ihr liege der Brief Gorbatschows an Bush nicht vor, es sei jedoch klar, daß Moskau den mittelamerikanischen Friedensprozeß unterstütze, in dem ein Stopp jeglicher Waffenlieferungen in die Region verlangt wird. Die US-Regierung forderte sie erneut auf, die von den Präsidenten der fünf mittelamerikanischen Staaten beschlossene Auflösung der Contralager in Honduras nicht hinauszuzögern. Verärgert brachte Contrasprecher Matamoros die Mittelamerikadiplomatie der Großmächte auf den Punkt: „Die Sowjetunion bewegt sich mit der Grazie einer Ballettänzerin, und die USA trampeln wie Dinosaurier
thos
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