: Ein Distrikt-Richter vereitelte die Oppenheimer-Pläne
Minorco wird ConsGold nicht kaufen / Die aus Südafrika geleitete Investment-Gesellschaft warf im Kampf um die Übernahme des britischen Bergwerkskonzerns das Handtuch ■ Von Lila Das Gupta
Was sich zuvor weder die desinteressierten britischen Kartellwächter noch die verwirrten Wettbewerbshüter der EG getraut hatten, das hat nun ein aufgeweckter US-Richter im New Yorker Distrikt-Gericht geschafft. Durch das schlichte Aufrechterhalten einer einstweiligen Verfügung hat jener Richter Mukasey die Übernahme des britischen Bergwerkkonzerns Consolidated Goldfields durch die Investment-Gesellschaft Minorco vereitelt, die vom südafrikanischen Oppenheimer-Konzern kontrolliert wird.
Damit hat die in Südafrika allmächtige Oppenheimer-Dynastie in dem bisher größten Übernahmeversuch der britischen Börsengeschichte eine ungewohnte Schlappe hinnehmen müssen. Wäre das 3,5 Milliarden Pfund (11,1 Milliarden Mark) teure Übernahmeangebot ihres in Luxemburg ansässigen Investment -Arms Minorco erfolgreich gewesen, hätten sich damit die Investitionen südafrikanischer Unternehmen in der EG mit einem Schlag mehr als verdoppelt.
Doch Richter Muskaseys Entscheidung, Minorco den weiteren Aufkauf von ConsGold-Aktien zu verbieten, hat die Disinvestitions-Strategie des Oppenheimer-Konzerns für das eigene Land durchkreuzt. Zugleich hat der Richter dem insgesamt achtjährigen Bestreben des größten Goldproduzenten der Welt, mit ConsGold jetzt auch noch die Nr.2 im Goldgeschäft zu übernehmen, ein vorläufiges Ende gesetzt.
Dabei war Minorcos Geschäftsführer Michael Edwardes noch vor wenigen Wochen zuversichtlich gewesen, die erbitterte Übernahmeschlacht gegen den ConsGold-Vorsitzenden Rudolph Agnew zu gewinnen. Nachdem die Kartellbehörden in London und Brüssel im Frühjahr ihre Einwilligung gegeben hatten, schien das von 2,9 auf 3,2 Milliarden Pfund erhöhte Übernahme -Angebot diesmal bei den ConsGold-AktionärInnen größeren Anklang zu finden. Ende April konnte Minorco-Chef Edwardes stolz die konditionelle Unterstützung von 54,9 Prozent aller ConsGold-AktionärInnen verkünden - neben dem eigenen Paket auch fast 25 Prozent der „freien“ AnteilseignerInnen.
Deren Votum für eine Übernahme war allerdings an die Bedingung geknüpft, daß Minorco die gerichtlichen Auseinandersetzungen mit der amerikanischen ConsGold-Tochter Newmont Mining gewinnen würde. Denn die über die Anti-Trust -Gesetze wachenden US-Gerichte schienen in diesem Börsendrama die einzigen Akteure zu sein, die ihre Einwände gegen die drohende Dominanz der hinter dem Oppenheimer -Konzern stehenden Anglo-American-Gruppe auf den internationalen Edelmetallmärkten auch vorzubringen bereit waren.
Obwohl sich der 80jährige Harry Oppenheimer bereits 1984 aus dem Verwaltungsrat und den Alltagsgeschäften von Anglo zurückgezogen hatte, war es der Gold- und Diamantenpatriarch höchstpersönlich gewesen, der im September 1988 den Südafrikaner Edwardes an die Spitze Minorcos berufen hatte. Edwardes sollte die Investment-Holding von einer passiven Verwaltungsgesellschaft für die verschiedenen Anglo -Beteiligungen an Chemie-, Metallurgie-, Kohle-, Öl- und Finanzgesellschaften in ein aggressives Instrument für die zukünftige Expansionsstrategie der Anglo-Gruppe in Übersee verwandeln.
Sein erster Schachzug war eine Übernahmekonstruktion, nach der sich die 60prozentige Beteiligung von Anglo und ihrer Diamantentochter De Beers an Minorco nach der Fusion mit ConsGold durch eine Kapitalerhöhung auf 40 Prozent reduzieren sollte. Dies und die versprochene - aber im Übernahmedokument merkwürdig abwesende - Veräußerung der Minderheitsbeteiligungen von ConsGold an der Gold Fields of South Afrika (38%) und der US-Rohstoffgruppe Newmont Mining (49%) sollten der Beruhigung der Aufsichtsbehörden in London, Brüssel und New York dienen. Doch während die zahnlosen Wettbewerbshüter in Europa die Versicherungen Minorcos schluckten, stieß den US-Kartellbehörden der Name Oppenheimer unangenehm auf.
Schon vor 50 Jahren hatte Harrys Vater Ernest Oppenheimer die US-Amerikaner verärgert, als er versuchte, die damals starke Nachfrage nach Industrie-Diamanten zu Beginn des Zweiten Weltkriegs auszunutzen. Nachdem Oppenheimers Versuch scheiterte, das Diamantenkartell von de Beers nach New York zu verlegen, begannen das US-Justizministerium und das FBI 1957 mit Untersuchungen über die Verletzung der Kartellgesetze durch die Anglo-American-Gruppe. Als eine Jury De Beers 1974 einer Verschwörung zu Preisabsprachen schuldig befand, weigerte sich die immer auf äußerste Geheimhaltung bedachte Anglo-Gruppe, vor Gericht zu erscheinen - und schloß ihr New Yorker Büro. Erst zwei Jahre später, nach Beendigung des Verfahrens, konnte Harry Oppenheimer wieder amerikanischen Boden betreten, ohne seine Festnahme befürchten zu müssen. Seitdem ist die komplex verschachtelte Anglo-Gruppe mit ihren weltweit 1.350 Tochtergesellschaften, die 70 Prozent der südafrikanischen Gold- und Uran-Produktion und über De Beers rund 80 Prozent des weltweiten Diamantenhandels kontrolliert, in den USA mehr als unpopulär.
Kein Wunder also, daß auch die beschwörenden Worte des Minorco-Chefs und sein Versprechen, die mit ConsGold erworbene Beteiligung an der US-Rohstoffgruppe Newmont Mining abzustoßen, vor den US-Aufsichtsbehörden wenig galten. „Die südafrikanischen Gesetze“, so urteilte Richter Mukasey, „erlauben es südafrikanischen Unternehmen, die Quellen ihrer Übersee-Investitionen geheimzuhalten. Die Anglo-Gruppe könnte unter diesen Gesetzen ganz einfach neue Firmen gründen, um die drei Unternehmen (womit er auch Newmont Mining meinte, - d.Autor) wieder zurückzuerobern.“
Diese Skepsis gegenüber dem Konzerngebaren der Anglo-Gruppe sowie die Tatsache, daß Anglo, ConsGold und Newmont Mining zusammen über 32 Prozent der westlichen Goldproduktion auf sich vereint hätten, bewegten Richter Mukasey vom New Yorker District Court am Dienstag dazu, die von Newmont erwirkte Verfügung gegen die Übernahme von ConsGold durch Minorco aufrechtzuerhalten. Da die Zustimmung eines großen Teils der ConsGold-Aktionäre an die Aufhebung dieser Verfügung gebunden war und hiermit Minorco der Kauf weiterer ConsGold -Aktien untersagt blieb, lief am Mittwoch nun die in Großbritannien geltende dreimonatige Phase zur Erneuerung des Übernahmeangebots ab. Der in seiner Verteidigung von der britischen Anti-Apartheid-Bewegung unterstützte Bergbaukonzern ConsGold wird damit auf absehbare Zeit unabhängig bleiben.
Womit dem Kampf der Apartheidgegner gegen die unmenschliche Behandlung der schwarzen Bergarbeiter in den südafrikanischen Minen allerdings wenig geholfen ist. Denn die „Gold Fields of South Africa“, die im Apartheidstaat operierende Tochterfirma der britischen ConsGold, geht noch drastischer und brutaler gegen die gewerkschaftliche Organisation und Streiks der schwarzen Schürfer des Goldes vor als die Konkurrenz von Anglo-American, wo sich die Oppenheimer-Familie immer um ein liberales Image bemüht hat. Immer dann, wenn es 1961 in Sharpeville oder 1976 in Soweto zum offenen Ausbruch der Rassenkonflikte kam, waren es von Harry Oppenheimer zur Verfügung gestellte Gelder, die zur Entschärfung der prekären Situation in den Townships eingesetzt wurden.
Doch Oppenheimers Argumente gegen die Apartheid waren nie moralischer, sondern immer nur strategischer Art. „In den entscheidenden Augenblicken beim Aufstieg von Anglo“, so schreiben die Autoren Pallister, Steward und Lepper in ihrem Buch über das Oppenheimer-Empire, „garantierten sich die Oppenheimer und der südafrikanische Staat gegenseitig ihr Überleben.“ Teil einer diesmal präventiven Überlebensstrategie der weißen Elite Südafrikas war auch die jetzt gescheiterte Übernahme von ConsGold.
Wenn die in Luxemburg ansässige Minorco, wie es eine britische Zeitung ausdrückte, die „Familienversicherung der Oppenheimer-Dynastie“ für unruhige Zeiten darstellt, dann wäre die geplante südafrikanische Investition in der EG einem ersten Schritt zum Aufbau einer Art Pensionskasse für das weiße liberale Südafrika in Europa gleichgekommen. Zu ihrer Schande waren es nicht die europäischen Kartellbehörden, sondern ein einfacher US-Richter, der diesen Plan nun erst einmal zum Scheitern gebracht hat.
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