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Kirchentagung von Basel beendet

Schlußdokument wird von politischen Sachzwängen dominiert / Ostkirchen kritisierten „Westlastigkeit“  ■  Aus Basel Andreas Zumach

Statt des vielfach erwarteten prophetischen Wortes verabschiedeten die Delegierten der „ökumenischen Versammlung für Frieden und Gerechtigkeit“ am Wochenende in Basel ein Abschlußdokument voll von vorgeblichen politischen Sachzwängen und der Rücksicht auf den konservativeren Teil der Europäischen Ökumene. Und das Bild der Stadt im Dreiländereck, die sich den rund 2.000 Besuchern aus ganz Europa eine Woche lang friedlich und gastfreundlich präsentiert hatte, bekam in letzter Stunde einen Riß. Eine Gruppe Autonomer besetzte für kurze Zeit das Rednerpult beim sonntäglichen Abschlußgottesdienst und verlas eine Erklärung gegen die „Zerstörung selbstbestimmter und machtfreier Lebensräume“ und die Ansiedlung weiterer Polizeieinheiten in der Chemiestadt am Rhein.

In der Friedensfrage setzten Hierarchievertreter westlicher katholischer Kirchen im Schlußdokument gemeinsam mit den britischen Anglikanern Formulierungen durch, die hinter die eindeutige Verurteilung der Massenvernichtungsmittel sowie hinter die Absage an Geist, Logik und Politik der Abschreckung zurückfallen, wie sie etwa der Weltkirchenrat bereits 1983 in Vancouver und in der DDR der Evangelische Kirchenbund wie die katholische Kirche offiziell vollzogen haben. Eine Mehrheitskoalition aus Russisch-Orthodoxen, Katholiken und skandinavischen Lutheranern bestand auf einem Satz zum „Schutz des ungeborenen Lebens“, der in der Ökumene nicht konsensfähig ist - worauf insbesondere Frauen der italienischen protestantischen Kirchen hinwiesen.

Relativ allgemein blieben die 638 Delegierten bei der Formulierung von Handlungsvorschlägen und Selbstverpflichtungen für die Kirchen. Lediglich in der Südafrikafrage votierte das Plenum fast geschlossen für konkret benannte Boykottmaßnahmen. Daß unter den fünf Gegenstimmen ausgerechnet die von Carl Friedrich von Weizsäcker war, der auch gegen eine eindeutige Absage an die Atomenergie und die atomare Abschreckung aufgetreten war, macht die ihm vielfach noch zugeschriebene Rolle eines Mentors des ökumenischen Prozesses für „Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung“ noch fragwürdiger. Seine Mitte letzter Woche gegenüber den Medien formulierte Kritik an Arbeitsstil und Ergebnis der Versammlung, war bereits von vielen Teilnehmern als „von oben herab“ und „arrogant“ zurückgewiesen worden.

Die offizielle Europäische Ökumene präsentierte sich in Basel als eine männlich dominierte Angelegenheit. Nur ein Drittel der Delegierten waren Frauen. Auf den Veranstaltungspodien saßen fast ausschließlich Männer. Lediglich in der „Zukunftswerkstatt Europa“, einem parallel zur offiziellen Versammlung veranstalteten Markt der Möglichkeiten - ähnlich wie bei den Evangelischen Kirchentagen in der Bundesrepublik -, wurde deutlich, daß die aktive Arbeit an der Basis in den Gemeinden und engagierten Gruppen zu gleichen, wenn nicht sogar überwiegenden Anteilen von Frauen getragen wird.

Wichtiger als das Abschlußdokument war das selbstbewußte Auftreten der Delegierten und Gäste aus den osteuropäischen Kirchen. Ihre Kritik an der „Westlastigkeit“ der Diskussionen und Papiere sowie an der „Arroganz und Bevormundung“ durch die westeuropäischen Schwestern und Brüder war überfällig und traf. Die Sorge der Ostkirchen vor einer vertieften Spaltung Europas durch die Schaffung des EG -Binnenmarktes und damit dem endgültigen Abstieg ihrer Länder in einen Dritte-Welt-Status bestimmte die Deutlichkeit ihrer Äußerungen. Besonders unter DDR-Christen besteht die Hoffnung und die Erwartung an die Partner im Westen, die Diskussion um einen demokratischen, ökologischen Sozialismus mit gerechten Beziehungen zur „Dritten Welt“ wiederzubeleben. Die zu diesem Thema jetzt schon fest geplante Weltversammlung im März 1990 in Seoul erschien vielen in Basel allerdings als zu früh.

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