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DKP-Vorstand müßte zurücktreten

Werner Stürmann, aus dem DKP-Präsidium ausgeschlossen, fordert den Rücktritt  ■ I N T E R V I E W

taz: Du bist vom Parteivorstand mit Birgit Radow aus dem DKP -Präsidium hinausgewählt worden, im Parteivorstand bist du noch drin - wer hat denn die Macht in der DKP?

Werner Stürmann: Laut Statut sollte die der Parteivorstand haben beziehungsweise der Parteitag, das ist aber der formelle Rahmen. Ich habe auf der Parteivorstandstagung am Wochenende gerade kritisiert, daß die eigentliche Macht von wenigen Funktionären ausgeübt wird. Ich habe die Abkehr von der Kaderpartei zu einer Mitgliederpartei gefordert. Das ist auch ein aktueller Streitpunkt.

Ist es schlimm, wenn man nicht mehr im DKP-Präsidium ist?

Ich bin acht Jahre Mitglied dieses Gremiums gewesen, persönlich ist das für mich nicht dramatisch, politische Arbeit kann man, woanders innerhalb der DKP, oder auch außerhalb der DKP machen.

Du bist aus dem Präsidium rausgewählt worden, weil du an einem Geheimtreffen im Westerwald teilgenommen hast.

Das ist völliger Unsinn. Der Beschluß, so mit der Minderheit im Präsidium und auch in anderen Gremien der Partei umzugehen, ist vor diesem sogenannten Geheimtreffen gefällt worden. Das hört sich immer schön an: „Geheimtreffen“, da gibt es finstere Gefühle. Das ist reine Stimmungsmache.

Was habt ihr vor im Herbst?

Wir wollen einen Kongreß unter dem Motto „Erneuerung“ machen. „Wir“, das sind schon über 1.000 Unterzeichner eines Aufrufes, wir wollen gemeinsam einen Prozeß der breiten Vorbereitung.

Am 24.Juni wird es ein Treffen in Köln geben, zu dem alle Interessierten herzlich eingeladen sind. Jeder ist aufgefordert, sich da einzubringen. Wir wollen diskutieren über die Perspektiven der Erneuerung, über den Marxismus und die DKP natürlich.

Ist das eine Fraktion in der DKP? Das ist doch verboten seit Lenin.

Wir verstehen uns ausdrücklich nicht als Fraktion. Wir wollen es nicht sein, weil für uns Fraktion die alte Reaktion auf das alte Parteimodell ist.

Wir verstehen uns als Strömung, die offen ist, öffentlich ist, die keine eigene neue Disziplin entwickelt gegenüber denen, die sich dazu bekennen, und die vor allem nicht abgeschlossen ist. Der Vorwurf „Fraktion“ ist einfach Unsinn und zeigt, daß man im alten Denken befangen ist.

Wahrscheinlich wird euch auch vorgeworfen, ihr würdet die Partei auflösen in die Bewegung.

Da müßte man fragen: In welche Bewegung? Früher hieß es immer: kommunistische Bewegung und nicht nur Kommunistische Partei. Wir wollen natürlich näher 'ran an die demokratischen Bewegungen im Lande, wir wollen die Isolierung der DKP durchbrechen.

Und dazu gehört, daß man in sich Strukturen hat, die mehr Demokratie mit sich bringen und mehr Rechte für die einzelnen Mitglieder. Wir als DKP brauchen seit den Erfahrungen des Stalinismus einfach zusätzliche Garantien für solche individuellen Rechte.

Nun wird die Erneuerer-Strömung aus der Partei hinausgedrängt.

Das ist nicht beschlossen worden. Der Effekt, daß Leute sagen: Jetzt haben wir die Schnauze voll, kann aber leicht eintreten. Ich glaube, die Mehrheit des Parteivorstandes hat mit der Entscheidung, sich gegen das Strömungstreffen zu stellen, einen Phyrrussieg errungen. Ich glaube, daß die Mehrheit der Parteiführung mehr denn je isoliert ist. Fünf der zwölf Bezirksvorsitzenden haben sich gegen unsere Abwahl ausgesprochen.

Ich erwarte, daß es sehr schnell zu einer breit getragenen Forderung nach Rücktritt des Parteivorstandes kommt, der die Partei nicht mehr repräsentiert und der sie in einen Kurs führt, der das endgültige Sektendasein bedeuten würde.

Interview: K.W.

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