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KAUFEN UND MIETEN

Den Zusammenhang zwischen Mietpreisen, Eigentumswohnungsanteil und Kursbuchverkaufszahlen erläuterte neulich ein Friedenauer Buchhändler gegenüber einer zufällig in seinen Laden geratenen anonymen Journalistin, die, eigentlich auf der Suche nach einem Merve -Verlags-Dealer, schon Stunden durch das elegante Viertel geirrt war und sich daher leicht und widerstandslos in ein Gespräch verwickeln ließ, das sie offensichtlich von ihrem ursprünglichen Begehr ablenken sollte: Früher habe der Vollbärtige bis zu 150 Kursbücher verkauft, heute jedoch schlage er kaum mehr als 20 Exemplare los. Nicht nur, daß sich die böse Jugend unter 40 bekanntlich nicht mehr für Politik interessiere, sagte der Nickelbrillenträger zu der knapp 31jährigen. Auch der alte Lehrerstamm, bisher kursbuchkaufkräftiges Mieterpotential im schönen Friedenau, sei mittlerweile von der Wohnungskaufkraft junger „Mein erstes Eigenheim„-Leser aus dem Stadtteil verdrängt worden.

Erneut von der Immer-noch-nichts-Eigentümerin auf seine Vorräte an Büchern vom Merve-Verlag angesprochen, verwies der Buchhändler freilich auch auf die zu den Preisen auf dem Wohnungsmarkt komplementäre Problematik der Gewerbemieten. Diese gingen im selben Maße in die Höhe wie das Sortiment des Kleinverlages in die Breite, weshalb die Lagerkosten für die immer noch relativ großschriftigen und dickpapierigen Bändchen umgekehrt proportional zu ihrem Absatz stünden, während die Buchpreise, gemessen am Inflationsindex, relativ stabil seien, und das bei gleichzeitiger stetiger Verbesserung der sozialen Lage eines großen Teiles der Friedenauer Gesamtbevölkerung, die sich allerdings einen Scheiß für die Bücher des Merve-Verlags interessierte. Mit einem Wort: „Merve? - Ham‘ wer nich.

grr

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