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Botha kanzelt Blüm ab: „Das war schon relativ grob“

Der südafrikanische Staatspräsident wirft dem bundesdeutschen Arbeitsminister „Unhöflichkeit“ vor / Blüm berichtet mit Tränen in den Augen über Bothas Haltung zur Apartheid: „Man müßte alle Hoffnungen begraben, wenn das das letzte Wort in Südafrika wäre“  ■  Aus Pretoria Hans Brandt

Sichtlich betroffen war Bundesarbeitsminister Norbert Blüm gestern nach einem halbstündigen Gespräch mit dem südafrikanischen Staatspräsidenten Pieter W. Botha. „Man müßte alle Hoffnungen begraben, wenn das das letzte Wort von Südafrika wäre“, sagte Blüm nach scharfen Meinungsverschiedenheiten zum Thema Menschenrechte mit Botha. Blüm hatte Botha eine Liste mit den Namen von zum Tode verurteilten Südafrikanern mit der Bitte übergeben wollen, Gnade walten zu lassen. Botha nannte das eine Unhöflichkeit und lehte die Annahme der Liste ab. Mit Tränen in den Augen und stockender Stimme berichtete Blüm vor der Presse von dem Gespräch.

Botha hatte Blüm gegenüber deutsche Vergangenheit als Trumpf ausgespielt: Die Deutschen hätten nach den Kozentrationslagern des Dritten Reiches kein Recht, in Sachen Menschenrechte Forderungen zu stellen. „Zur Überwindung unserer Geschichte müssen wir gerade überall auf der Welt für Menschenrechte eintreten“, sagte Blüm dagegen.

Der deutsche Arbeitsminister forderte Botha auf, als letzte große Geste der Versöhnung vorm Ablauf seiner Amtszeit im September den inhaftierten Führer des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) Nelson Mandela freizulassen. Blüm bat auch um ein Gespräch mit Mandela, wurde jedoch weiter an den Justizminister verwiesen.

„Das war schon relativ grob“, sagt Blüm nach dem Treffen. „Der Präsident hat mir auch vorgeworfen, ich wäre nur gekommen, um Propaganda zu machen.“ Blüm betonte wiederholt, daß die Apartheid keine Zukunft habe. „Die Frage ist, wie lange sie andauern wird, wieviel Blut fließen wird“, sagte er. Das Gespräch mit Botha habe ihm jedoch keine Hoffnung gemacht, daß es zu schnellen Veränderungen in Südafrika kommen könne. „Wenn das sein letztes Wort wäre, würde er sich von der politischen Bühne verabschieden, ohne daß Wille zur Veränderung zu erkennen ist“, sagte Blüm.

Blüm hatte am Vortag die Forderung zur Freilassung Mandelas auch von Betriebsräten im südafrikanischen BMW-Werk außerhalb von Pretoria gehört. Als Vorbereitung zu Verhandlungen zwischen der südafrikanischen Regierung und der authentischen Opposition forderten die Gewerkschafter zudem die Aufhebung des Verbotes des ANC und anderer verbotener Organisationen und ein Ende des Ausnahmezustandes. Doch die Betriebsräte betonten auch, daß zunehmend Druck auf das Apartheidregime ausgeübt werden müsse, um Verhandlungen zustande zu bringen. „Es scheint, daß Sanktionen die einzige Möglichkeit bieten, ohne Blutvergießen Veränderungen zu bewirken“, sagte ein schwarzer Gewerkschafter. Die Mitglieder der Metallergewerkschaft NUMSA klagten über die vor kurzem verschärfte Arbeitsgesetzgebung in Südafrika. Der amtierende südafrikanische Arbeitsminister Eli Louw hatte am Dienstag nachmittag das Arbeitsgesetz Blüm als vorbildlich präsentiert.

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