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Männerantwort-betr.: "Männer ohne Antwort auf die 'Frauenfrage'", taz vom 7.7.89

betr.: „Männer ohne Antwort auf die 'Frauenfrage'“,

taz vom 7.7. 89

(...) Mit der Thematisierung der „Frauenfrage als Männerfrage“ hat die SPD in medienwirksamer Weise ein interessantes Thema auf die Tagesordnung der politischen Debatte gesetzt: die Krise des Patriarchats. Aber leider ging es ihr gar nicht so sehr um die Diskussion des notwendigen Wandels der Geschlechterrollen, um eine Neubestimmung der sozialen und kulturellen Rolle von Mann und Frau, sondern vielmehr um die Versöhnung der Männer mit den frauenpolitischen Forderungen der SPD. Nach dem „Schock der Quote“ sollte nun klargemacht werden, daß es eigentlich im ureigensten Interesse der Männer ist, wenn sie künftig Terrain an die Frauen verlieren werden und sich verstärkt auch unbezahlter Reproduktionsarbeit widmen sollen.

Trotz aller feministischer Rhetorik sozialdemokratischer Frauenpolitikerinnen bleibt es dabei: Die Frauen werden ihre Gleichberechtigung schon selbst erkämpfen müssen; von den Männern wird ihnen dabei nichts geschenkt werden, außer vielleicht ein Männerbeauftragter.

Will mensch wirklich ein neues Verhältnis der Geschlechter durchsetzen, darf die Frage des Patriarchats nicht auf die Befindlichkeitsstörungen einiger „neuer Männer“ reduziert werden. Dazu gehört auch die Diskussion des Themas Homosexualität und die Homophobie der patriarchalen Gesellschaft. Die Ängste, die von der Begegnung und Konfrontation mit Homosexualität hervorgerufen werden, sind in ihrem Kern Irritationen der Geschlechterrollen:

Der schwule Mann macht aus seinem männlichen Gegenüber ein potentielles Sexualobjekt und stellt so die Rolle des Mannes auf den Kopf. Im patriarchalen Verhältnis der Geschlechter kann der Mann nur als Subjekt des Begehrens oder des sexuellen Aktes gedacht werden.

Die Frauen liebende Frau, die Lesbe, stellt die Notwendigkeit der Herren der Schöpfung gänzlich in Frage, indem sie sich allein auf Frauen bezieht. Lesben werden daher nicht nur wie die Schwulen mit aggressiver Ablehnung, sondern vor allem mit Nichtbeachtung der Gesellschaft bestraft.

Die homosexuelle Beziehung, die die Geschlechterrollen zum Tanzen bringt? Spannende Frage, die zumindest in eine umfassende Diskussion über Patriarchat und Geschlechterrollen gehören.

Die SPD will aber ihre künftigen Wahlkampfschlager nicht mit dem „vorhandenen Tabu der Gleichgeschlechtlichkeit überfrachten“ (Renate Schmidt am 23.8. 88 zu „eheähnliche Lebensgemeinschaften“). Da lassen sich SozialdemokratInnen lieber von ihren Referenten beteuern, daß sie „normal“ (Wieck) und „nicht schwul“ (so fast alle übrigen „emanzipierten neuen Männer“) sind.

Wer feministische Politik ernsthaft betreiben und nicht bei der Modernisierung des Patriarchats stehenbleiben will, muß sich schon trauen, an den Tabus des Patriarchats zu kratzen.

Volker Beck, Schwulenreferent der Grünen im Bundesta

Wenn Männer nicht den persönlichen Nutzen des Machtverlustes einsehen, wird er nicht in dem erforderlichen Maße stattfinden. „Machtverlust ohne Kompensation“, wie in der taz gefordert, wird es nicht geben. Macht ist ja zum Teil schon die Kompensation. Um davon abzulassen, braucht es Utopien und Gegenentwürfe. Sich intellektuell mit der mentalen Abrißbirne am maroden Gefängnisbauwerk des Patriarchats zu schaffen zu machen ist die eine Sache. Die Angst, ohne neue Bleibe vor den Trümmern zu stehen oder nach persönlichen Konsequenzen unwiderruflich rausgeworfen zu sein, ist die andere.

(...) Wenn der Machtverlust von Männern nur auf politischer Ebene gefordert und praktiziert wird, führt er unter Umständen lediglich dazu, daß Männer sich den Teilzeitrahm abschöpfen, ohne Schlüsselpositionen aufzugeben. Die Quelle tatsächlicher Veränderung liegt in den Freiräumen, die vorschnell unter einem gewissen Klischee von Männergruppen subsummiert werden. Freiräume, die von Patriarchatsmännern, Polit- und Medienfrauen mißtrauisch beäugt und von letzteren besonders gern mit der Keule des Larmoyancevorwurfs bedacht werden. Das macht es schwierig, diese Räume zu schaffen, und vergrößert die Angst, sich ihnen zu nähern. Aber es ändert nichts an ihrer Schlüsselfunktion als einer Art Zukunftswerkstatt, die notwendigerweise selbsterfahrungsbezogen sein muß, und zwar ohne die reflexhaften Reaktionen auf männergesellschaftliche Erwartungen und frauenpolitische Verwertungsfragen. Dazu braucht es Konzepte, Strategien und Ressourcen.

Frauen sollten am besten um die wichtige Funktion dieser Schutzräume wissen. Aber da scheint auch viel Angst zu sein: Laßt die Männer nicht an diese Kraftquellen; das ist unser Metier; wer weiß, ob sie nicht auch daraus noch eine Gesundkur für die alten Strukturen machen und sich nur für den Kampf gegen uns stärken.(...)

Martin Herberhold, Bonn

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