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„Wer kein Geld hat, muß mehr arbeiten“

■ Der neue SFB-Intendant Günther von Lojewski äußert sich drei Wochen nach Amtsantritt erstmals zu seinen Plänen für den problembelasteten Sender

In den nur knapp drei Wochen, seit er auf dem Chefsessel des Senders Freies Berlin (SFB) sitzt, hat der als rechtslastig kritisierte Günther von Lojewski bereits eine wichtige Entscheidung gefällt. Er holte den ZDF-Journalisten Horst Schättle, den er noch aus seiner eigenen ZDF-Zeit kennt, als neuen Fernsehdirektor an die Spree. Mit ihm wolle er gemeinsam antreten und hoffe, das Haus in den wichtigen Programmentwicklungen der Zukunft zusammenführen zu können, sagte Lojewski - früherer „Report„-Chef beim Bayrischen Rundfunk (BR).

Widerstände gegen seine Wahl als neuer SFB-Chef im rot -grünen Land Berlin glaubt er überwinden zu können. Er wolle als Intendant integrierend wirken, kündigte er an. Die schier unüberwindlich scheinenden Probleme des Senders - wie sinkende Hörerzahlen und schlechte Finanzlage - will Lojewski bald angehen. Mit sehr viel „Kreativität und Engagement“ soll der Sender wieder aus den negativen Schlagzeilen der letzten Jahre gebracht werden. „Wer kein Geld hat, muß mehr arbeiten“.

Diskussionen, etwa eins der vier Hörfunkprogramme aus Kostengründen einzustellen, will sich Lojewski stellen. Ein solcher Schritt wäre für ihn aber ein „Zeichen der Resignation“. Und „für Resignation bin ich nicht der geeignete Mann“. Die vor kurzem veröffentlichten sinkenden Hörerzahlen könnten ihn „nicht fröhlich stimmen“. Darin zeigt sich für ihn, daß auf dem Radiomarkt eine offenen Konkurrenzsituation eingetreten ist.

Der SFB habe die schwerste Stellung aller ARD-Anstalten, da er von dem ganz staatlich finanzierten Sender RIAS und den ganz privaten „in die Mangel genommen“ werde. Aus der „Zwickmühle“ sei nicht rauszukommen, meint er. Seine Lösung, den SFB wieder zu dem Stadtsender zu machen, lautet: „Wir müssen vor allen Dingen ein gutes Programm machen. Ich glaube, in dem Augenblick, wo die Menschen dieser Stadt merken, hier ist eine neue Mannschaft, die ist angetreten, die will ein neues Programm machen, sie macht ein neues, weil sich die Redaktionen und die Kameraleute, Tontechniker und alle noch mal kräftig hineinknieen“, würden sie auch wieder den SFB als „ihren Sender“ sehen. Dieser „Aufbruch“ werde in der Stadt gemerkt, meint er. Für den SFB sei das die „große Chance“ den BerlinerInnen den Sender wieder näherzubringen.

Detailfragen nach dem „neuen, guten Programm“ kommen ihm „fast zu früh“. Diskussionen, wie etwa nach dem Verbleib des Satiremagazins „Scheibenwischer“, bei dessen Ausstrahlung sich der Bayrische Rundfunk schon mal ausschaltete, will sich der ehemalige BR-Journalist nicht „aufdrängen“ lassen. Auch zu umstrittenen Sendungen wie zum Beispiel der kritischen Jugendsendung „s-f-beat“ will er sich noch nicht inhaltlich äußern. Er habe noch keine Zeit gehabt, sich alle Sendungen anzuhören. Über eventuelle Änderungen wolle er allerdings mit allen Betroffenen diskutieren, sagte er.

Sein „Traum“ sei es, so Lojewski, die sogenannte Nordschiene von SFB, NDR und Radio Bremen zu einem Vollprogramm auszubauen und eventuell über Satellit und Kabel auch in bundesdeutsche Haushalte einspeisen zu können. Dafür solle die Nordschiene konkurrenzfähig gemacht werden. An dem bisherigen Acht-Prozent-Anteil am ARD-Programm des SFB dürfe nicht „rumgebastelt“ werden. Dafür habe Berlin eine viel zu „wichtige Funktion als alte Reichshauptstadt“, als Zentrum von Wissenschaft und Kultur, als Plattform von Gesprächen zwischen Ost und West.

Für ihn sei seine Wahl zum Intendanten nicht so überraschend gewesen wie für viele Medienkenner in Berlin. Er habe „offensichtlich eine etwas genauere Kenntnis der Verhältnisse in Berlin“ gehabt, meint er. Der Aufforderung nach der Wahl, er solle seinen Posten in Berlin nicht antreten, sei er nicht nachgekommen, da es auch seiner Auffassung von Demokratie widerspreche, sich zur Wahl zu stellen und hinterher das Amt nicht anzutreten. Dafür habe er ein „zu republikanisches Verständnis von öffentlicher Verantwortung“.

Heinz-Joachim Schötter/dpa

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