piwik no script img

DAG und HBV begraben Streitaxt

■ Einigung kurz vor dem Gerichtstermin / Einstweilige Verfügung vom Tisch

Gestern früh hätte der Gewerkschaftsstreit vor dem Richter verhackstückt werden sollen. Doch gerade rechtzeitig hatten Gewerkschaftsvertreter von HBV und DAG eine Lösung ihres Konflikts am grünen Tisch gestrickt: Beide Seiten gaben durch ihre Anwälte lediglich eine Erklärung vor der 9. Zivilkammer ab, die noch nicht einmal öffentlich verlesen wurde. Die Hauptpersonen und ihre Zeugen waren gar nicht erst erschienen, und die Anwälte machten sich erst jetzt („Wir pflegen uns stets nur auf die Sache zu konzentrieren“, so Kröger-Anwalt Monnerjahn) Gedanken über den Streitwert ihres Falls: 4.000 Mark befanden sie für angemessen.

Im Rahmen der Tarifauseinandersetzungen im Einzelhandel hatten sich DAG und HBV gegenseitig Streikbrecherei vorgeworfen. Dabei war auch ein Mitglied der DAG -Verhandlungskommission erwischt und genannt worden. Der betroffene Karstadt-Abteilungsleiter hatte daraufhin umgehend sein Mandat niedergelegt (vgl. taz vom 15.7.89). Gegen ihn wie gegen andere Streikbrecher

hat die DAG Bremen inzwischen Ausschlußanträge gestellt. Und auch die HBV hat ihre „schwarzen Schafe“ mittlerweile mit Ausschluß bestraft.

Bis zum gestrigen Verhandlungstag hatte die DAG indes dem HBV-Vorsitzenden Kröger die Behauptung unterstellt und per Einstweiliger Verfügung verbieten wollen, daß „ein Mitglied der DAG-Tarifkommission sich während des Streiks im Einzelhandel in Bremen als Kunde getarnt in ein Kaufhaus geschlichen und dann bedient“ habe. Die DAG zog ihren Antrag gestern zurück, HBV-Chef Kröger betonte mit seiner Erklärung, die Bestandteil der gütlichen Einigung und damit auch aktenkundig ist, dsß er diese Behauptung niemals erhoben habe.

In der Überzeugung, daß „eine derartige Auseinandersetzung den gemeinsamen gewerkschaftlichen Zielsetzungen nur schaden kann,“ stellte die DAG in ihrer Erklärung fest, daß „ihre Organe alles getan haben, um eine Geschlossenheit der Streikfront sicherzustellen,“ und daß dies „auch für die Organe der HBV“

zuträfe. Die DAG geht jetzt (ebenfalls aktenkundig) davon aus, daß Äußerungen von Funktionären der HBV nicht so zu verstehen waren, „daß der DAG, ihrer Führung oder ihren Organen vorgeworfen werden sollte, zum Streikbruch aufzufordern, Streikbruch zu unterstützen oder auch nur zu dulden.“

DAG-Bezirkssekretär Frensel kommentierte seinen Rückzug so: „Wir haben kein Interesse, die Auseinandersetzungen weiter zwischen den Gewerkschaften zu führen. Es ist auch nicht im Interesse der Mitglieder, Streikbrecher - die es immer geben wird - aufzuspüren und öffentlich an den Pranger zu stellen.“ Er sei froh, meinte Frensel weiter, „daß wir uns wieder wirklich auf die Interessen der Mitglieder konzentrieren können.“

Im Gegensatz zur Gewerkschaft Handel-Banken-Versicherungen hat die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft im Bremer Einzelhandel noch keinen Tarifabschluß erreicht. „Wir verhandeln am 1. September weiter,“ gab Bezirkssekretär Frensel gestern bekannt.

ra

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen