: Polen in Abschiebehaft
■ Rund 25 Polen zur Zeit in Abschiebehaft / Fünf Insassen führen Hungerstreik fort / Kritik an ärztlicher Versorgung
Nachdem sie offenbar ohne rechtliche Grundlage mehrere Tage in Abschiebehaft saßen, wurden zwei polnische Frauen gestern wieder entlassen. In einem Fall hatte die Ausländerbehörde den Haftbefehl zurückgezogen, weil die betroffene Frau nicht - wie behauptet - die Visumfrist von 31 Tagen überschritten hatte. Die zweite war unter dem Verdacht der Schwarzarbeit in der Kneipe eines Freundes festgenommen worden, wo sie nach eigenen Angaben aber nur gesessen und Bier getrunken habe. Wie ein Sprecher der Innenverwaltung gestern auf Anfrage mitteilte, befinden sich zur Zeit etwa 25 Polen in Abschiebehaft - den meisten werde Schwarzarbeit oder illegaler Aufenthalt vorgeworfen.
Dem „Polnischen Sozialrat“ in West-Berlin, der sich um Kontakte zu den Inhaftierten bemüht, sind zudem die Fälle von fünf polnischen Frauen bekannt, die vor sechzehn Tagen in Abschiebehaft genommen wurden, weil sie sich nicht nicht polizeilich angemeldet hätten. Vier von ihnen hätten bereits zwei Tage später erklärt, freiwillig auszureisen, säßen jedoch noch immer in Abschiebehaft. „Die meisten sitzen da völlig hilflos, wenn sie niemanden kennen in der Stadt“, sagte Bernhard Pollock vom „Sozialrat“. Sie wüßten weder über ihre Rechte Bescheid, noch könnten sie Anwälte kontaktieren. Nach Angaben der Innenverwaltung werde jeder Abschiebehäftling über seine Rechte belehrt. Verständigungsprobleme könne man jedoch nicht ausschließen.
Den Hungerstreik von fünf Abschiebehäftlingen (die taz berichtete) wollte die Innenverwaltung gestern nicht bestätigen. Nach ihren Informationen nähmen die Männer Essen entgegen. Wie einer der Häftlinge betonte, werde der Hungerstreik aber fortgesetzt. Kritik übte die AL inzwischen an der ärztlichen Behandlung von Shakika H. und Andrzej N. Beide sind offenbar nervenkrank, Andrzej N. wurde erst vor einigen Wochen nach einer Magenoperation aus dem Jüdischen Krankenhaus entlassen. Gegenüber der taz erklärte er, er erhalte bislang nur schmerzstillende Mittel.
anb
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen