: AKW Ohu: Noch 14 Kugeln fehlen
■ Nach dem Störfall geht die Suche nach den verlorenen Edelstahlteilen weiter / Kraftwerksbetreiberin Bayernwerk will den Reaktor in jedem Fall wieder anfahren
München (dpa/ap/taz) - In Ohu ist kein Störfall passiert, sondern eine „für den Betreiber unangenehme Panne“. Diese wichtige Korrektur gab gestern in einer Erklärung die BayernwerkAG aus, die Betreiberin des Atomkraftwerks IsarI bei Ohu. SPD, Grüne und der Landshuter CSU-Bürgermeister Deimer forderten unterdessen die Stillegung des „Pannenreaktors“.
Die 67 acht Millimeter kleinen Edelstahlkugeln, die beim Brennelementwechsel aus dem Kugellager in den Druckbehälter gefallen sind, werden den Reaktor noch mindestens zwei Wochen außer Betrieb halten. Dann will das Bayernwerk alle Kugeln aufgefunden haben und den Atommeiler wieder ans Netz nehmen. Bisher wurden 53 Kugeln geborgen. Es könne keine Rede davon sein, daß der Reaktor nicht wieder in Betrieb genommen werde, hieß es in der Erklärung der Betreiberfirma. Selbst wenn nicht alle Kugeln gefunden werden, will man offenbar den Reaktor wieder anfahren. Ein „Kügelchen im Reaktorsumpf“ (so wird das untere Auffangbecken des Druckbehälters bezeichnet) habe keinen Einfluß auf die Sicherheit des Atommeilers, erklärte das Bayernwerk. Da ist das bayerische Umweltministerium bisher noch anderer Meinung. Die Aufsichtsbehörde will die Zustimmung zur Wiederinbetriebnahme erst dann erteilen, wenn sich keine einzige Kugel mehr im Reaktorkern oder an anderer sicherheitsrelevanter Stelle befindet. Aber auch das Umweltministerium hält sich noch ein Türchen offen: Falls tatsächlich nicht alle Kugeln gefunden werden, „müssen wir die Frage, ob das Kernkraftwerk wieder ans Netz geht oder nicht, sicherheitstechnisch neubewerten“, sagte der Sprecher von Minister Dick, Walter Czapka. Czapka verwies auf das AKW Gundremmingen, wo sogar eine zehn Zentimeter große Schraube in den Rohrleitungen für den Reaktorkern verschwunden sei. Den Vorwurf der Vertuschung wies Czapka zurück. Das „Vorkommnis“ entspreche der untersten Kategorie „Normal“ und sei vorschriftsmäßig an Bundesminister Töpfer geleitet worden.
Die Grünen bezeichneten es als „Skandal“, daß das „Ereignis“ knapp zwei Wochen lang verheimlicht und in die Kategorie „Normal“ eingestuft worden sei. Nicht zuletzt wegen der ohnehin bestehenden Überkapazitäten solle auf das Kraftwerk verzichtet werden. Der SPD-Landtagsabgeordnete Ritzer verlangte ebenso, den dienstältesten bundesdeutschen Reaktor nicht wieder anzufahren. CSU-Bürgermeister Deimer forderte den Einstieg in den Ausstieg durch einen Verzicht auf das AKW in Ohu.
-man
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