: Bleib bei der Swapo, glaube an die Swapo“
■ Im namibischen Wahlkampf scheinen die Fronten klar / Aus Windhuk Hans Brandt
Es hätte eine triumphale Rückkehr sein können. Hunderttausende hätten am „Namibia Tag“, jenem symbolischen 26. August, an dem vor genau 33 Jahren der bewaffnete Kampf gegen die südafrikanischen Besatzer begann, die Heimkehr des Swapo-Chefs Sam Nujoma bejubelt. Doch die Swapo entschied anders. Sie muß haushalten mit ihren Trümpfen. Südafrika behindert die Wahlregistrierung, die rechte Opposition DTA holt auf - und die Foltervorwürfe haben der Swapo geschadet.
Noch ist der Wald der Wahlplakate in Namibia nicht besonders dicht. Aber es stehen ja auch noch etwa zehn Wochen Wahlkampf bevor, bis am 6. November endlich die ersten freien und hoffentlich fairen Wahlen in der letzten Kolonie Afrikas stattfinden werden. Dennoch sind die beiden wichtigsten Kontrahenten, die südwestafrikanische Volksorganisation Swapo und die „Demokratische Turnhalle Allianz“ (DTA) überall im Lande präsent.
Die DTA, die finanzkräftige Unterstützung von Weißen in Namibia, von Geschäftsleuten in Südafrika und angeblich auch von bundesdeutschen Quellen genießt, protzt mit Plakaten in teurem Vierfarbdruck - nur die Stimme für sie bringe dem Land die Freiheit. Swapo wirbt ihrerseits mit einfachen Plakaten in den Swapo-Farben Rot, Grün und Blau. Von überall lächelt der bärtige Präsident der Organisation Sam Nujoma: „Wählt Swapo, die Freiheit!“
Nujoma sollte zahlreichen Gerüchten zufolge schon am vergangenen Wochenende zum Namibia-Tag, dem Jahrestag der Aufnahme des bewaffneten Kampfes, in sein Heimatland zurückkehren. Aber er kam nicht. „Der Präsident muß noch verschiedene afrikanische Länder aufsuchen, die der Swapo Hilfe im Wahlkampf angeboten haben“, erklärte Swapo -Informationssekretär Hidipo Hamutenya. Sein Kollege für auswärtige Angelegenheiten Theo-Ben Gurirab fügte hinzu, daß Nujoma das „größte Aß“ der Swapo sei. „Wir haben ihn aus wahltaktischen Gründen noch nicht zurückkommen lassen“, sagte Gurirab. „Wenn er kommt, soll das ganze Land in Aufregung geraten.“
Mitglieder der Organisation müssen sich immer noch auf Probleme bei der Registrierung von Wählern konzentrieren, die eigentlich bis zum 15. September abgeschlossen sein sollte. Im Norden Namibias, dem traditionellen Unterstützungsgebiet der Swapo, treten zahlreiche Probleme auf. Hier wohnt der bei weitem größte Teil der namibischen Bevölkerung. Doch während im Süden zum Teil mehr als hundert Prozent der geschätzten Wähler sich haben eintragen lassen, sind im Norden noch nicht einmal 50 Prozent erfaßt.
Die Swapo macht dafür vor allem die Art der Registrierung verantwortlich. Im ganzen Norden des Landes gibt es lediglich zwei ständige Registrierungsbüros, die zum Teil Hunderte von Kilometern von den entlegeneren ländlichen Gebieten entfernt sind. Diese isolierten Regionen sollen durch mobile Büros erfaßt werden, die sich jeweils eine Woche in einem Gebiet aufhalten und dann weiterziehen. Im Lauf einer solchen Woche stehen dann oft Hunderte von Menschen, die Dutzende von Kilometern laufen mußten, stundenlang Schlange. Sie werden nicht registriert, und ihnen wird gesagt, sie sollten doch am nächsten Tag zurückkommen. Wer diese Prozedur zwei oder drei Tage hintereinander auf sich genommen hat, kommt nicht wieder.
Das hat die erleichterte Stimmung im ehemaligen Kriegsgebiet allerdings nicht gestört. Während in Windhuk die Folter-Vorwürfe gegen die Befreiungsbewegung schwere Schatten auf die Wahlkampagne der Organisation werfen, ist im Norden des Landes davon nichts zu spüren. Entlang der vom südafrikanischen Militär aus logistischen Überlegungen gebauten Hauptstraße im Ovamboland wird dem Besucher ständig die geballte Faust im Swapo-Gruß entgegengestreckt. Überall tragen die Menschen Swapo-Farben, als Hüte, Schals, Hemden oder Röcke. An Wochenenden fahren Lastwagen, vollbeladen mit Swapo-Anhängern, zur Versammlung des Tages. Dabei nehmen die Leute oft stundenlange Fahrten in die abgelegensten Orte auf sich.
Sorgen machen allerdings die Aktivitäten der DTA im Norden Namibias. In den letzten Wochen hat die Partei zahlreiche neue Mitarbeiter angeworben, meist ehemalige Mitglieder der berüchtigten Militärbataillone 101 und 202. Die ehemaligen Soldaten, die noch bis November vom Staat bezahlt werden und die DTA deshalb keinen Pfennig kosten, sind für ihre Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung während des Krieges bekannt und bis heute gefürchtet. Nach zahlreichen Berichten haben sich ihre Methoden auch im politischen Kampf nicht geändert. Selbst ein deutsches Mitglied einer unabhängigen kirchlichen Beobachtergruppe wurde von DTA-Leuten angegriffen.
In den Verhandlungen mit der UNO befindet sich Südafrika offenbar erstmals in der Defensive. Ein vom südafrikanischen Generalverwalter Louis Pienaar vorgelegter Gesetzesentwurf für die verfassungsgebende Versammlung, die im November gewählt werden sollte, ist ohne Diskussion von der UNO abgelehnt worden. Pienaar hatte sich derart weitreichende Vollmachten einräumen wollen, daß die Versammlung ohne seine Zustimmung nicht hätte arbeiten können.
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