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Plastik-Geld für Plastik-Food

■ Aus Angst vor unliebsamen Überraschungen: Die Flucht in die „Kredit„-Karte in Japan

Tokio (afp) - Immer mehr Japaner bevorzugen eine ungewöhnliche Form der „Kredit„-Karte: die bereits im voraus bezahlte Plastikkarte. Ob Telefongespräche, Eisen- oder U -Bahnkarten, Hamburgers oder Videospiele - immer mehr Unternehmen nutzen die Furcht des Konsumenten vor unliebsamen finanziellen Überraschungen zum Monatsende und machen ihn zum eigenen Gläubiger. Rabatt-Angebote oder besondere Servicedienste sollen den Kunden zusätzlich zum Gebrauch der Karte verführen. Doch auch die kleine Plastikscheibe als solche hat ihren Reiz: Ähnlich wie bei Briefmarken gibt es Sonderkarten, Einzelstücke, Fehldrucke oder einfache Serienkarten - ein schier unbegrenztes Feld für Sammler.

Erstmals hatte das japanische Fernmeldeunternehmen NTT 1982 in einem Großversuch die vorbezahlte Telefonkarte, die inzwischen auch die Bundespost - mit weit geringerem Erfolg

-anbietet, eingeführt. Mit enormem Erfolg: Bis heute wurden rund 740 Millionen dieser Karten verkauft. Die japanische Eisenbahngesellschaft folgte 1985 mit vorbezahlten Fahrtickets, drei Jahre später waren bereits eine Million dieser Karten abgesetzt; Grund genug für Tokios U-Bahn, das System zu imitieren. Ob Eiskrem, Softdrinks, Fastfood oder Video-Spiele, fast alle Automaten, die Bargeld annehmen, akzeptieren inzwischen auch dieses neue Plastikgeld.

Sammler kommen sowieso voll auf ihre Kosten: Allein NTT bietet in seinem Standardprogramm 50 Karten mit so verschiedenen Motiven wie Szenen aus dem Landleben, Tiere oder Gemälde berühmter Meister an. Wer Telefonkarten im Wert von umgerechnet rund 1.200 Mark abnimmt, kann sich sogar sein eigenes Konterfei - auf Wunsch auch in Farbe - auf Plastik verewigen lassen. Kleine Unternehmen bieten bereits Karten mit ganz persönlichen Motiven zur Erinnerung an bestimmte Ereignisse - Hochzeit, Taufe oder Examen - an.

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