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Atomwaffenproduktion ganz privat

Britische Regierung will Herstellung von Trident-Raketen teilprivatisieren / Labour Party kritisiert Verzögerungen  ■  Aus London Ralf Sotscheck

Die Labour Party malte am Wochenende ein düsteres Szenario: Das britische Verteidigungsprogramm und damit ganz Albion seien in Gefahr. Labour beschuldigte die britische Regierung, bei der Organisation der Atomwaffenproduktion versagt zu haben. Das Verteidigungsministerium hatte am Freitag zugeben müssen, daß die Herstellung der Trident -Atomsprengköpfe, mit denen britische U-Boote ab 1994 ausgerüstet werden sollen, erheblich langsamer als geplant vonstatten gehe. Grund sei der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften in Aldermaston, wo die Trident-Sprengköpfe produziert werden. 5.000 Menschen sind dort beschäftigt. Die Gehälter der Fachkräfte liegen weit unter denen in der Privatindustrie.

Die britische Regierung hatte vor kurzem Sir Francis Tombs, den Vorsitzenden von Rolls-Royce, damit beauftragt, Vorschläge für eine Lösung der Probleme zu erarbeiten. Die von Tombs favorisierte Option sieht vor, Aldermaston und die angeschlossenen Fabriken in Burghfield und Cardiff teilweise zu privatisieren. Ein Privatunternehmen könnte unabhängig Arbeitskräfte rekrutieren und höhere Gehälter zahlen, als es nach Beamtenrecht möglich ist. Martin O'Neill, der Verteidigungsexperte der Labour Party, beschuldigte die Regierung, daß sie die Verzögerung der Trident-Produktion dazu benutze, ihren Privatisierungs-Phantasien nachzugehen: „Schuld an dem Problem hat ganz alleine die Regierung. Jeder Versuch, aus ideologischen Gründen zu simplistischen Privatisierungs-Lösungen zu greifen, muß auf tiefstes Mißtrauen stoßen.“

Auch aus anderen Gründen ist das Trident-Programm ins Wanken geraten: Berichten aus Washington zufolge steht die Entwicklung neuer Satelliten-Radargeräte in der UdSSR kurz vor dem Abschluß. Diese Geräte sollen dazu in der Lage sein, U-Boote selbst tief unter der Wasseroberfläche aufzuspüren. Dadurch würden die mit Trident-Raketen ausgerüsteten U-Boote ihren Sinn verlieren.

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