: Multi flieht aus Irland
■ Merrel Dow wollte ein Zweigwerk auf bestem Weideland errichten / Die Abwässer sollten in ein Vogelschutzgebiet gehen
Dublin (taz) - Der Pharma-Multi Merrell Dow, einer der größten Chemiekonzerne der Welt, hat in Irland das Handtuch geworfen. Am Montag abend gab das Unternehmen bekannt, daß es von den Plänen Abstand nehme, in der Grafschaft Cork im Süden Irlands ein Zweigwerk für 160 Millionen Mark zu errichten. Nach der Fusion von Merrel Dow mit Marion Laboratories (Kansas/USA) habe sich eine neue Situation ergeben, lautet die Begründung.
Kieran McGowan, der Direktor Merrell Dows, gab jedoch zu, daß der Widerstand gegen das Werk die Entscheidung beeinflußt habe. Ohne diesen Widerstand wäre das Werk bereits fertiggestellt, sagte er. Mit dem Rückzug Merrell Dows geht ein 14 Monate dauernder Kampf zwischen dem Unternehmen und der irischen „Industriellen Entwicklungsbehörde“ (IDA) auf der einen Seite sowie Bürgerinitiativen auf der anderen Seite zu Ende.
Merrell Dows Pläne für ein Zweigwerk in Irland wurden Ende 1987 bekannt. Doch erst im darauffolgenden Sommer stellte sich heraus, daß der Konzern sein Werk nicht in dem dafür vorgesehenen Industriegebiet ansiedeln wollte, sondern in einer Gegend mit dem besten Weideland Irlands. Merrell Dow begründete die Standortwahl damit, daß man die Nähe anderer Chemiekonzerne meide, um nicht für deren Umweltverschmutzungen haftbar gemacht zu werden. Die Abwässer sollten in den Fluß Womanagh eingeleitet werden, ein Schutzgebiet für Wasser- und Wattvögel. An seiner Mündung liegt eines der größten natürlichen Muschelbeete Europas. Ein unabhängiger Gutachter sagte verheerende Umweltfolgen voraus. Dennoch erteilten die Behörden dem Pharma-Multi im letzten Jahr die Baugenehmigung.
Der überraschende Rückzug Merrell Dows hat bei Umweltschützern Erleichterung ausgelöst. Die Organisation „Earthwatch“ forderte die IDA auf, ihre Politik zu überdenken, chemische Konzerne durch hohe Subventionen und lasche Umweltgesetze nach Irland zu locken. Die IDA befürchtet, daß die Opposition gegen Pharma-Unternehmen Auswirkungen auf künftige Investitionen haben könnte. Der Schweizer Konzern Sandoz hat vor kurzem ebenfalls eine Baugenehmigung für ein Zweigwerk in Cork beantragt.
Ralf Sotscheck
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