: Die Perestroika nicht vorschnell abbürsten
■ Fünf Bemerkungen zum Umgang der bundesdeutschen Linken mit dem „Neuen Denken“ in der Sowjetunion
Detlev Pracht I.
Jede Bezugnahme auf das „Neue Denken“ setzt sich der Gefahr aus, an der Produktion eines Mythos mitzuarbeiten. Das beginnt schon mit der Terminologie. Die Festigkeit, die diese neugeschöpfte Wortkombination mit der Zeit erreicht, suggeriert ein geschlossenes Gedankengebäude, ein stabiles theoretisches „System“ - und eben das existiert in dieser Form nicht. Was die Sowjetunion tatsächlich auszeichnet, ist eine Vielzahl themengebundener Theorieansätze, sind ganze Schübe neuer oder neu aufgeworfener „alter“ Fragen, sind Lösungen für praktische Probleme der Perestroika, die teilweise erst im Erprobungsstadium sind und nötigenfalls korrigiert oder verworfen werden müssen. Und es gibt die Einsicht, daß die Entwicklung einer ernsthaften kommunistischen Politik, die nicht durch „Dogmen und schematische Methoden lahmgelegt“ (Gorbatschow, Perestroika) und so verunmöglicht werden will, einen äußeren Rahmen braucht: die installierte Garantie einer „Freiheit der Kritik“. Wenn im Verlauf dieser theoretischen Entfaltung, die massenhaft Fehler und Irrtümer bis hin zu reaktionären Thesen enthalten kann, alte Gewißheiten bestätigt werden, um so besser. Das wird ihre Überzeugungskraft nur stärken.
Wesentlich für das „Neue Denken“ bleibt aber, daß es, weit davon entfernt, Nachfolger eines kanonisierten „Marxismus-Leninismus“ zu sein, zur Ausdifferenzierung der Themen und Theorien führt statt zu deren Vereinheitlichung. Wer das bedauert und „von links“ die möglichen Gefahren beschwört, übersieht, daß Gorbatschows Perspektive, den „lebendigen Geist des Leninismus“ (Gorbatschow, ebenda) zu aktivieren, ohne die Zulassung auch nicht-leninistischer Positionen und ohne den theoretischen Wettkampf nicht zu haben ist. Als Beleg für den gemutmaßten Verfall des Sozialismus (siehe Gremliza in 'Konkret‘ 6/88) taugt das „Neue Denken“ auf jeden Fall nicht. II.
Tatsächlich muß die Chiffre eines neuen „sozialistischen Humanismus“ mit einer ganzen (Ahnen-)Galerie von Vorwürfen konfrontiert werden. Ihr Kerngedanke, die Proklamation der Gattungsentwicklung als eigenes Ziel, die Inanspruchnahme des universellen Menschheitsinteresses, ist weder originell noch theoretisch haltbar. In dieser oder ähnlicher Form zählt er zum Standardrepertoire jeder historischen Gruppe oder Klasse, die, „schon weil sie einer (anderen; Detlef Pracht) gegenübersteht, nicht als Klasse, sondern als Vertreterin der ganzen Gesellschaft (auftritt)“ (Marx, Deutsche Ideologie). Dieses Verfahren wurde wechselseitig, hüben wie drüben, angewendet; von den aufstrebenden, sich emanzpierenden Klassen gegen die herrschenden wie umgekehrt; von der Pariser Commune und vom bonapartistischen Thermidor. Die Wirkung war immer auch Ideologieproduktion. Richtig bleibt deshalb auch weiterhin, die manchmal begleitenden „Nebelbildungen im Gehirn der Menschen“ als solche zu behandeln. Zumindest von linker Seite.
Im Hinblick auf tatsächliche Erkenntnis hält das „Neue Denken“ also nicht viel Neues bereit. Wenn in der Sowjetunion Realitäten wie die weltweite Ökologiekrise oder die immanenten Gefahren der atomaren Rüstung theoretisiert werden, geschieht dies nicht selten mit falschen, weil unkonkreten Kategorien. Und schlimmer: In dem Maße, wie das Benutzen dieser falschen Allgemeinheiten verhindern hilft, die in unserer Gesellschaft vorhandenen (Klassen -)Unterschiede als ebensolche zu benennen; wie es die international organisierte Auspressung der unterentwickelten Länder als „Weltgemeinschaft“ klassifizierbar macht; wie die Verseuchung der Umwelt dem „Fortschrittswillen des Menschen“ und nicht dem des Unternehmensgewinns (wenigstens in unseren Landen) anlastbar wird; und vor allem: wie die aus diesen Gegensätzen resultierende Notwendigkeit der Parteiergreifung zugunsten der einen und zu Lasten der anderen als Borniertheit denunzierbar wird. In eben diesem Maße dient es als Kronzeuge gegen alle Widerstands- und Emanzipationsbewegungen. Zumindest auf der ideologischen Ebene, da aber ganz praktisch. Das sei mit dem „Neuen Denken“ überhaupt nicht beabsichtigt? Stimmt. Doch das ändert wenig an seiner ideologischen Verwendbarkeit in Fällen und Verhältnissen, auf die es nicht gemünzt ist und zu denen es nur sehr vermittelt paßt: den hiesigen nämlich.
Und trotzdem ist dies alles nicht mal die halbe Wahrheit, nicht über die sowjetische Wirklichkeit, und deshalb nicht über ihr Denken. Jede linke Kritik, die das „Neue Denken“ attackiert, eigentlich aber die Realentwicklung der Sowjetunion meint, ist nicht nur fahrlässig; sie schafft selbst „Nebelbildungen“. Ihr entscheidender Fehler liegt darin, „in der kommunistischen Literatur des Auslandes nicht den Ausdruck und das Produkt einer wirklichen Bewegung (zu sehen)“, zu unterschlagen, daß derartigen Positionen, obwohl ideologisch, „die praktischen Lebensbedürfnisse, die ganzen Lebensverhältnisse ... bestimmter Länder zugrunde liegen“, weshalb sie eben nicht einfach als „rein theoretische“ Stellungnahmen zu behandeln sind. Soweit der rigide Anti-Ideologe Marx bei der Behandlung des deutschen und sehr „wahren“ Sozialismus übrigens.
Gerade für die linke Kritik mancher „neuen Einsicht“ muß an erster Stelle stehen, sich um ein Verständnis dieser „Lebensbedürfnisse“ selbst zu bemühen, ihren politischen Inhalt und damit die realen Aufgaben für die Umgestaltung zu begreifen. Die Gattungsrhetorik steht vielfach nur als Synonym für ganz praktische, völlig unphilosophische Zwänge, denen sich die sowjetische Politik ausgesetzt sieht. Und sie hat etwas mit der besonderen Vergangenheit dieses Landes zu tun. Ohne die Berücksichtigung ihrer Bedingungen ist die ganze Perestroika nicht zu verstehen. III.
Die strategische Option Gorbatschows und der ihn tragenden Kräfte ist völlig alternativlos. Gerade auch in den Elementen, die bei vielen Linken heftigen Protest auslösen. Es handelt sich um den Versuch, die zubetonierten Produktionsverhältnisse aufzubrechen, darum, eine neue Eigendynamik der Gesellschaft einzurichten, die an erster Stelle durch die breite Beteiligung ihrer Mitglieder zustandekommen soll. Und die intendierte Richtung dieser Dynamik ist keineswegs unbestimmt: Sie soll die Sowjetunion „auf einen besseren Sozialismus zu bewegen“ (Gorbatschow, Perestroika). Vielleicht ist es sogar richtiger, die Attribuierung ganz wegzulassen. In der Wieder-Kombinierung dieser beiden Elemente, Sozialismusaufbau durch Massenbewegung, liegt jedenfalls das Grundmuster der sowjetischen Erneuerung. Wenn von einigen trotzdem der drohende Zeigefinger erhoben wird, wenn die Veränderungen der ökonomischen Beziehungen einer anstehenden Restaurierung kapitalistischer Strukturen gleichgesetzt werden, so gibt es für eine derartige „linke“ Haltung nur zwei Erklärungen. Entweder ist sie schlicht ignorant gegenüber der sowjetischen Wirklichkeit, oder aber sie beinhaltet ein verbrämtes Plädoyer für die Wahrung des Status quo ante.
Wenn es richtig ist, daß das Hauptcharakteristikum der Sowjetunion die totale Durchdringung der Gesellschaft durch den Staat und damit die Lähmung des gesamten gesellschaftlichen Lebens ist; wenn weiterhin stimmt, daß der innere Paternalismus seine Wurzeln in den hierarchisch organisierten Produktionsbeziehungen hat; und wenn drittens nicht zu bestreiten ist, daß die Planhoheit das zentrale Mittel ist, über das die Machtverhältnisse zwischen staatlicher Bürokratie und den Produzenten stabilisiert werden - dann ist doch vollkommen klar, daß zur Durchsetzung des Hauptziels „Demokratisierung“ die Ausweitung der Marktelemente absolut unumgänglich ist. Es sind schlicht keine gesellschaftliche Institution und kein Mechanismus vorhanden, die das Vakuum füllen könnten, das eine zurückgedrängte Planbürokratie hinterläßt.
Markt bedeutet die Ersetzung persönlicher, im alten Plangeflecht entstandener Abhängigkeitsverhältnisse durch allgemeine und unpersönliche - und diese Ersetzung ist fortschrittlich. Muß damit die Marxsche Kritik an Waren- und Wertverhältnissen als nur indirekter Vergesellschaftung relativiert oder aufgegeben werden? Nein. Muß die Vision einer bewußten und transparenten Gesellschaftsentwicklung „als Plan aller“ fallengelassen werden? Nein. Darf man zugeben, jetzt den Weg dorthin noch nicht genau zu kennen? Ja. „Demokratisierung“, hatte Bahro über die Leitlinie in der Sowjetunion gesagt, „heißt dort in der Sowjetunion soziale Revolution“ (taz 14.2.87). Das ist der wesentliche Inhalt der Entwicklung, und nicht eine Wiederauflage des Kapitalismus. Trotz Markt.
Ähnlich oberflächlich ist auch der Vorwurf, Gorbatschows Propaganda „zum Wohl des Menschen“ verschweige nur die richtigen Kräfte und Interessen, die in der Sowjetunion wirken. Wer das moniert, dem ist die Rhetorik des Klassenkampfes wichtiger als der Gewinn dieses Kampfes. Natürlich ist die Sowjetunion keine klassenlose Gesellschaft. Aber es waren weder die an den Mauern ihrer Subalternität rüttelnden Massen, auf die sich die sowjetische Reform/Revolution unmittelbar stützen konnte, noch waren es logischerweise die Nutznießer der riesigen Staats- und Verwaltungsbürokratie. Und vor allem: die KPdSU war (und ist noch) selbst, durch ihre faktische Identität mit den Staatsorganen, Teil des zu bekämpfenden Produktionsverhältnisses. Wer in einer solchen Situation Klassenkampfparolen benutzt, ist verrückt. Der einzige Weg lag und liegt darin, zunächst die Partei als ein Mittel für die anstehenden Auseinandersetzungen zurückzugewinnen - und das ist nur darüber möglich, das moralische (!) Bewußtsein der Kommunisten als Kommunisten zu erneuern. Wer denn sonst sollte sich in der Sowjetunion das Ziel setzen, die von der „alten Ordnung“ erzeugte, überwiegend apathische Haltung der Bevölkerung in eine aktive zu verwandeln? IV.
Es gibt noch einen weiteren Grund für die humanistischen Kategorien des „Neuen Denkens“. Die eigentliche „Sprache“ von Kommunisten, der Marxismus, ist eine in der Sowjetunion (und den anderen „sozialistischen“ Ländern) durch und durch diskreditierte Angelegenheit. Nicht in der Theorie selbst, aber faktisch in der Gesellschaft. Seine Standardisierungen, die ewig gleichen Parolen, seine (scheinbare) Fähigkeit, für jede „Linie“ und jede Politik die „wissenschaftliche“ Begründung antreten zu können - wenn Lenin noch die Verbindung von praktischer Arbeiterbewegung und marxistischer Theorie als Voraussetzung für den Aufbau einer klassenlosen Gesellschaft begriffen hat, stand nach ihm die alleinige Benutzung marxistischer Paraphrase als Legitimationstheorie für die „real existierenden“ Herrschaftsverhältnisse. Welche Verbindung soll heute schon existieren zwischen dieser Theorie und einem Menschen, dem zum 1. Mai ein Transparent in die Hand gedrückt wurde mit der Aufschrift „Die Herrschaft der Arbeiterklasse verwirklicht den Sozialismus und die Demokratie“, der am nächsten Werktag aber nichts anderes mehr war als ein „Schräubchen im volkswirtschaftlichen Mechanismus“ (Sasawskaja, 'Ost-Europa-Archiv‘ 1/84, A7)? Vielleicht hatte dieser Mensch sogar einen Verwandten in der Familie, Parteimitglied schon aus der Lenin-Zeit, der trotz Mißhandlungen die alte Forderung „Absterben des Staates“ nicht fallen lasen mochte und deswegen erschossen wurde?
Dazu schrieb 1978 der französische Marxist Louis Althusser: „Es wäre völlig idealistisch anzunehmen, die marxistische Theorie sei als solche verantwortlich für die Geschichte, die in ihrem Namen gemacht worden ist... Aber es wäre genauso idealistisch anzunehmen, die marxistische Theorie sei nicht durch ihre Erprobung in der Geschichte betroffen und gefährdet.“ (Althusser, Die Krise des Marxismus) Diese „Betroffenheit“ ist (nicht nur in der Sowjetunion) vermutlich weit größer als das, was heute sichtbar wird, und sie ist es nicht nur indirekt. Sie ist auch unmittelbar politisch präsent in den aktuellen Kämpfen. Eine Position, die den Gedanken eines „reinsten und von Klassenschichtung 'freien‘ Humanismus“ ('Frankfurter Rundschau‘ 16.4.88) heftig attackiert, mag „theoretisch“ durchaus richtig liegen. Allein: Sie wird von der Stalinistin Nina Andrejewa ins Feld geführt gegen die Perestroika. Dieser Konstellation können Marxisten in der Sowjetunion einfach nicht entgehen. Oder genauer: Sie können nur auf praktischem Wege, also durch Veränderung der Gesellschaft, durch Einlösen der gegebenen und nicht gehaltenen Versprechen erreichen, daß Praxis und marxistische Theorie wieder zusammenfinden. Das Entscheidende ist vielleicht, daß neuer sowjetischer Humanismus und „Neues Denken“ die Funktion eines politischen Manifestes haben; es dreht sich nicht um eine konkrete Analyse, sondern sie stellen ein Angebot dar, einen Wechsel auf die Zukunft der kommunistischen Bewegung. V.
Die Neufassung der sowjetischen Außenpolitik ist der Bereich mit den kontroversesten Aspekten. Eigentlich hätte die Linke genügend Grund, den Sowjets dankbar zu sein. Für ihre Abrüstungsinitiativen, die fast schlagartig die Nato-Länder politisch in die Defensive gebracht haben. Für das im Westen erzeugte „Legitimationsdefizit“ hinsichtlich weiterer Rüstungspläne. Und für die Aufmischung des bundesrepublikanischen Antikommunismus als tragender Säule des verkrusteten politischen Bewußtseins (Arbatow: „Wir werden euch Schreckliches antun. Wir werden euch des Feindes berauben“, 'Spiegel‘ Nr. 50/88). Aber was bewegt die BRD -Linke am meisten? Die Losung vom „Vorrang der allgemeinmenschlichen Interessen vor den Klasseninteressen“. Warum eigentlich?
Die Umorientierung der außenpolitischen Konzeption fußt auf drei Gründen. Erstens: Weder die Befreiungsbewegungen der „3. Welt“ noch die Arbeiter- und Neuen Sozialen Bewegungen in den Metropolen werden in absehbarer Zeit für eine entscheidende Änderung der geopolitischen Lage sorgen können. Zweitens: Es gibt zwei grobe Verlaufsformen für die Systemkonkurrenz. Eine fast ausschließlich kalt-militärische und eine mit Schwerpunkt auf der politischen Herausforderung. Die zweite ist nicht nur für die Sowjetunion die günstigere. Drittens: Auch die globalen Probleme wie der sich weltweit entwickelnde Kollaps der Lebensgrundlagen und der massenhafte Hungertod machen diesen Verlauf und zumindest jeden Versuch zu ihrer Lösung notwendig.
Bis hierher irgendein Fehler? Kaum. Bedeutet das aber nun, daß aus der klassen- und systemübergreifenden Bedrohung ein Kollektivsubjekt erwächst, eine Art „Rückkehr des Menschen zu sich selbst“ ('Sowjetunion heute‘ 2/89)? Oder auch nur, daß Gorbatschow sowas Ähnliches glaubt? Im Gegenteil: Seiner Meinung nach darf die Linke weder „die klassenbezogene Analyse der Ursachen der nuklearen Bedrobhung und anderer globaler Probleme (aufgeben)“ noch „die Kräfte der in der internationalen Arena agierenden heterogenen Klassen ignorieren“ (Perestroika). Redet da ein Phantast, wie einige anzunehmen scheinen? Oder macht man sich in seiner politischen Umgebung Illusionen über die Absturzgefahren? Auf die Frage, was passiert, wenn die Perestroika intern scheitern sollte, antwortet Alexander Bowin, 'Iswestija' -Journalist und Reformanhänger: „Dann wird eine andere Variante des Jahrhundertausgangs Wirklichkeit. Unser Ansehen in der Welt wird sinken, die Schwierigkeiten des Weltsozialismus werden zunehmen. Der Kapitalismus wird ... aggressiver werden. Die globale Konfrontation wird sich verstärken.“ ('Sozialismus: Theorie und Praxis‘ 1/89) Das hat nicht den Anschein von fehlendem Realismus. Und es macht deutlich, daß die „Vorrangsthese“ nur politisch zu verstehen ist.
Wenn dennoch innerhalb der hiesigen Linken ein Trend existiert, das Programm dieser These für eine Analyse der Wirklichkeit zu halten; wenn zunehmend mehr die Möglichkeiten einer gattungsbeglückenden Politik ohne Beseitigung der kapitalistischen Strukturprinzipien ins Auge gefaßt werden; wenn nicht für die internationale Ebene, sondern im Rahmen dieser Gesellschaft das „Verbindende über das Trennende“ gehoben werden soll, dann heißt das: Hier macht sich ein neuer Sozialdemokratismus auf den Weg. Und dafür muß das „Neue Denken“ als Vehikel herhalten. Viele, denen endlich die „Krise des (besser: ihres) Marxismus“ erlaubt wurde, und die ständig die Rede von den „vielen neuen Fragen“ im Mund führen, rechnen mit ihrem alten Weltbild ab - und haben das neue dabei schon in der Tasche. Statt des „Kampfes der Arbeiterklasse“ (der in der BRD immer schon mehr Chimäre als Realität war) strebt man heute nach einem Bündnis mit allen Menschen, die „guten Willens sind“. Gemeinsam im Konzert mit dem Bundespräsidenten, mit Genscher und mit dem Bayer-Chef Strenger. Wohlgemerkt, es gibt diese Entwicklung als Tendenz. Eine Begründung sei ihr genommen: Wer „den Menschen“ mit seiner Politik zu einem besseren Leben verhelfen will, wird dies praktisch auch weiterhin nur erreichen, wenn er eine Kenntnis ihrer klassenmäßigen, geschlechtlichen, arbeitsteiligen Unterschiede und der damit verbundenen Interessen hat. Und die lassen kaum Unparteilichkeit zu.
Man kann nur hoffen, daß es sich die Linken in der BRD mit dem „Neuen Denken“ nicht zu leicht machen - so nicht und so nicht.
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