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Elf Soldaten sterben bei IRA-Anschlag

Die „Irisch-Republikanische Armee“ sprengte den Aufenthaltsraum der Musikschule der Marine in Südostengland Der bisher schwerste Anschlag ist Teil einer IRA-Offensive / Kritik an laschen Sicherheitsvorkehrungen in der Kaserne  ■  Aus Dublin Ralf Sotscheck

Die „Irisch-Republikanische Armee“ (IRA) hat sich in einem Anruf an eine Dubliner Nachrichtenagentur zu dem Bombenanschlag auf eine Kaserne der „Königlichen Marine“ in der Grafschaft Kent bekannt. Bei dem Attentat kamen elf Soldaten ums Leben, zweiundzwanzig weitere wurden verletzt, acht davon schwer. Es war der bisher schwerste IRA-Anschlag auf britische Militäreinrichtungen in England.

Die Bombe explodierte in einem Aufenthaltsraum um 8.30Uhr, während die Soldaten frühstückten. Die Trümmer des Gebäudes, das durch die Explosion vollständig zerstört wurde, begruben über 30 Menschen unter sich. Ein Team von 70 Feuerwehrleuten spürte die Verschütteten mit Hilfe von Wärmedetektoren auf. In dem Gebäude war die Musikschule der Marine untergebracht, wo Mitglieder von Militärkapellen ausgebildet wurden. Mehrere Kasernen und Wohnhäuser in der Umgebung wurden durch den Anschlag beschädigt. Die Krankenwagenfahrer setzten sofort ihren Streik gegen Überstunden aus und transportierten die Verletzten in die Krankenhäuser von Deal und Dover.

Der britische Verteidigungsminister Tom King flog per Hubschrauber zum Tatort. King war bis zur Kabinettsumbildung vor zwei Monaten als Nordirlandminister in Belfast stationiert. Er vermutet, daß es sich bei den Attentätern um dieselbe IRA-Einheit handle, die im Februar die Tern-Hill -Kaserne in Shrewsbury gesprengt hatten. Damals gab es nur Sachschaden, weil ein Wachsoldat rechtzeitig Alarm geschlagen hatte und die Kaserne evakuiert werden konnte. Kurz vor Weihnachten hatte Scotland Yard einen größeren Vorrat an Waffen, Sprengstoff und Munition in einer Londoner Wohnung sichergestellt. Die beiden namentlich bekannten IRA -Mitglieder, die in diesem Zusammenhang gesucht werden, konnten nicht gefaßt werden. Die IRA hatte angekündigt, ihre Bombenkampagne in diesem Jahr zu intensivieren, um an die Entsendung britischer Truppen nach Nordirland vor 20 Jahren zu erinnern.

Der Vorsitzende der Labour Party, Neil Kinnock, bezeichnete den Anschlag als feige und sagte: „Sogar IRA-Sympathisanten müssen davon angeekelt sein.“ Er fügte hinzu, daß er eine Überprüfung und Verstärkung der Sicherheitsvorkehrungen für Militäreinrichtungen fordern werde. Martin O'Neill, der Verteidigungsminister des Labour-Schattenkabinetts, kritisierte die Sicherheitsmaßnahmen des Verteidigungsministeriums. Er sagte, daß überhaupt keine Soldaten auf Wachtposten waren, sondern daß eine private Firma mit dem Schutz der Kaserne beauftragt gewesen sei.

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