: Der lange Weg zum Gipfel
Die Bayern ziehen mit einem spielerisch furchtbar grauslichen 0:0 in die nächste Runde ■ Aus München W. Steigemann
Jedem Bergsteiger ist bekannt, daß der Weg zum Gipfel oftmals steinig ist und manchmal auch bergab führt. Der Pfad, der zum „europäischen Spitzenstandard“ (Uli Hoeneß) im Fußball weist und den der FC Bayern vermeint zu beschreiten, muß wohl derzeit eine Talsenke durchwandern. Jahrelange Kenner der Bayern ahnten schon vor Anpfiff des Wettkampfes gegen die Rangers aus Glasgow die kommende Langeweile. Jedoch: so schlimm haben selbst sie die Vorstellung nicht erwartet.
Die Bayern spielten, als müßten sie die Nachwirkungen gleich mehrer Oktoberfestbesuche verdauen. Sie nutzen die Breite des Feldes um die Zuschauer einzuschläfern, allein der feuchtkalte Abend verhinderte dies. Es bleibt Jupp Heynckes‘ Ehrlichkeit hervorzuheben, denn er benannte das Gekicke als das was es war: „Ein schlechtes Spiel.“ Er sei auch nicht der Meinung, einfach zu sagen, „wir sind weiter, und über den Rest ist zu schweigen“. Er werde über diese Vorstellung seiner Spieler mit ihnen noch ein Wörtchen zu reden haben; obwohl er natürlich entschuldigend erwähnte, daß die Ranger auch nicht unbedingt dazu beigetragen haben, einen interessanten Abend zu gestalten.
Es war bezeichnend, daß sein Jüngster, Thomas Strunz, bester Spieler der Bayern war. Der aus Duisburg stammende junge Mann will sich zwei Jahre lang im Profigeschäft umsehen. Sollten nach Ablauf dieser Frist seine Bemühungen nicht mit Erfolg gesegnet sein, beabsichtigt er den berühmten Schuh an den Nagel zu hängen und zu einer „anständigen“ (Strunz) Form der Berufsausübung zurückzukehren. Da er seine Fähigkeiten im Wettstreit mit anderen Mittelfeldspielern des FC Bayern beweisen möchte, wird dem Fußballfreund Angst und Bange, er könnte seinen Entschluß verwirklichen.
Daß sich Strunz nicht nur außerhalb des Spielfeldes seine Gedanken macht, konnte er an diesem öden Fußballabend trotz mangelnder Unterstützung seiner Mitspieler gelegentlich unter Beweis stellen. Aber was nützt die beste Idee, wenn Thon gedankenleer über den Platz irrt, Reuter die Länge des Feldes für das Sprinttraining nutzt und Johnsen den Ball nicht stoppen kann. Es bleibt zu wünschen, daß er dieses Spiel gegen die Rangers nicht zum Maßstab nimmt für seine Entscheidung in zwei Jahren.
Im Gegensatz zu den Bayern-Verantwortlichen äußerten sich die Rangers zufrieden mit der gezeigten Leistung ihrer Mannschaft. Souness, Manager und Miteigner des Vereins, lobte ausdrücklich das hervorragende Defensivverhalten seiner Elf und jammerte den verflossenen Chancen hinterher, die sich aus Kontern ergaben. Weil aber Butcher und später Johnston an ihrer eigenen Unfähigkeit zum Torschuß scheiterten, blieb das große Zittern auf Bayerns Seite aus. Abschließend erklärte Souness diese zu einem europäischen Spitzenclub, deswegen habe man sich auch für die schmähliche Niederlage in Glasgow rehabilitiert.
Womit wir wieder bei Uli Hoeneß und seinem gesichteten Fußballstandard wären. Er müßte an diesem Abend erkannt haben, daß der Weg dorthin wie bei den erwähnten Bergsteigern ein beschwerlicher und langer ist.
BAYERN: Aumann - Augenthaler - Grahammer, Johnsen (46.Schwabl) - Reuter, Strunz, Thon, Kögl, Pflügler Mihajlovic (71.Wohlfarth), McInally
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