: Kollegen Arbeitgeber „mißbilligt“
■ HBV fordert Mitbestimmung für Angestelltenkammer / Gewerkschafter fallen um
In Kreisen bremischer Gewerkschaftsfunktionäre setzt sich die Erkenntnis durch, daß Arbeitervertreter auch dann für Mitbestimmung eintreten müssen, wenn sie in einer Arbeitgeber-Funktion sitzen. Es geht bei dem Streit, der in diesen Wochen am Selbstverständnis und der Glaubwürdigkeit der bremischen Gewerkschaftspolitik nagt, um die Angestelltenkammer. Deren Geschäftsführer soll neu bestimmt werden, der Vorstand der Kammer - zusammengesetzt aus Vertretern verschiedener Einzelgewerkschaften - hatte den Posten weder ausgeschrieben noch wollte er den Personalrat in seine Entscheidung einbeziehen. Dies war bei den Betroffenen auf heftigen Protest gestoßen. (vgl. taz 22.9.)
Der Kammervorstand hatte noch nach dem Protest der Basis vor zwei Wochen verkündet, eine Mitbestimmung bei der Neubesetzung der Geschäftsführer-Stelle sei „mit den besonderen Verantwortichkeiten eines Vorstandes nicht zu vereinbaren“, bei dem hauseigenen Personalrat und den Beschäftigten bestehe „erheblicher Aufklärungsbedarf“ in Sachen Mitbestimmung. Am 16.11. sollte der ausgeguckte Mann bestimmt werden. Für den Mittwoch dieser Woche ist nun eine neue Vorstandssitzung angesetzt, auf der aller Voraussicht nach eine Ausschreibung der
Stelle beschlossen werden wird.
Nicht nur die ÖTV hat nämlich sich mit dem Thema befaßt und dem Kammervorstand die Korrektur seiner Verfahrensweise empfohlen, auch in den anderen Gewerkschaften stoßen die Kammervorstands-Kollegen nur auf Unverständnis. Am vergangenen Samstag hatte der DGB-Vorsitzende Möller, Mitglied der ÖTV im Kammervorstand und dort Gegner von Mitbestimmung, Kompromißbereitschaft signalisiert. Gestern hat der Ortsvorstand der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherung (HBV) das Verhalten des Kammer-Vorstandes förmlich „mißbilligt“. Der Ortsvorstand „fordert die Kammer auf, das Verfahren zu stoppen“ und „dem am 16.8. vom Kammerpräsidenten Bernhard Baumeister (HBV) gemachten Vorschlag zu folgen“. Der Kammerpräsident hatte damals die Ausschreibung und die Einbeziehung des Personalrates vorgeschlagen, war aber nach der Diskussion im Vorstand auf die andere Seite gewechselt. Auf der DGB-Kreisversammlung am vergangenen Samstag meinte ein Delegierter bitter, Baumeister habe wohl vergesen, wo er herstamme. Der HBV -Beschluß nun fiel einstimmig, Baumeister hat selbst auch zugestimmt und wird am Mittwoch wieder seine ursprüngliche Auffassung vertreten.
Der Ortsvorstand der IG Me
tall, deren Vertreter Kalli Schönberger (Vulkan) auch im Kammervorstand gegen die Mitbestimmung votierte, ist derzeit in Klausur außerhalb Bremens. Es ist aber damit zu rechnen, daß, wenn alle umfallen, auch die IG Metall sich nicht zieren wird.
K.W.
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