: Nicht distanziert-betr.: "Abschiebung von Roma und Sinti ausgesetzt", taz vom 23.9.89
betr.: „Abschiebung von Roma und Sinti ausgesetzt“, taz vom 23.9.1989, und Berichterstattung in der taz-Hamburg vom 21.9.89
Die taz berichtete in den genannten Artikeln über die Debatte der Hamburger Bürgerschaft am 20.9. zur drohenden Abschiebung in Hamburg lebender Roma und Sinti. Ärgerlich an Eurer Berichterstattung ist, daß beide Artikel den falschen Eindruck erwecken, die GAL-Abgeordneten hätten sich in dieser Bürgerschaftsdebatte von der Rom und Cinti Union (RCU) beziehungsweise ihren „Chefs“ dinstanziert. (...)
Worum ging es wirklich? SPD-Abgeordnete, vorgeblich oder tatsächlich beleidigt durch Vergleiche zwischen der Behandlung der Roma und Sinti vor und in der NS-Zeit einerseits und in der heutigen BRD andererseits, versuchten das Thema der Debatte zu wechseln und gegen die RCU in die Offensive zu gehen. Die zitierten Sätze aus meiner Rede waren auf diesen Versuch gemünzt, vom Schicksal der von Abschiebung bedrohten Menschen und von der Verantwortung des Hamburger Senats abzulenken. Das ist gerade das Gegenteil von dem, was Ihr mir und den anderen Frauen der GAL-Fraktion unterstellt. (...)
Eine andere Frage - jenseits der Problematik Eurer Berichterstattung über die Bürgerschaftsdebatte - ist es, daß die GAL-Fraktion tatsächlich mit einer Reihe von Äußerungen aus der RCU, in denen unserer Meinung nach der qualitative Unterschied zwischen dem damaligen staatlichen Massenmord und der heutigen gegen Roma und Sinti gerichteten Politik nicht zum Ausdruck kommt, nicht übereinstimmt. Gerade weil wir davon ausgehen, daß Angehörige eines Volkes, das vor 45 Jahren von deutschen Behörden industriemäßig vernichtet worden war und das streitbar bis heute rassistisch motivierten Repressalien ausgesetzt ist, die Kontinuität anders wahrnehmen als wir, die in relativer Sicherheit leben, haben wir keinen Grund, diese Meinungsverschiedenheit zu verschweigen. Wir suchen die Diskussion darüber.
Gegenstand der Bürgerschaftsdebatte waren diese Fragen von unserer Seite aber nicht - schon gar nicht im Sinne eines „Abrückens“ von der RCU. (...)
Eva Hubert, GAL-Frauenfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen