piwik no script img

TV-Grufties

■ Serienklassiker „The Addams Family“ startet auf SAT 1

Wieder einmal präsentiert ein Privatsender einen der zahlreichen schrägen Serienklassiker aus den glorreichen Sixties und erfreut damit all jene, die damals noch zu jung waren, um diese Sendungen sehen zu dürfen. Von heute an, um 17.50 Uhr, beglückt SAT 1 alle Fans von Trash und Camp mit 64 Folgen der bislang auf ihrem Gebiet unübertroffenen Familienserie The Addams Family. Diese gehört zu einer ganzen Reihe phantastischer TV-Serials, die Mitte der sechziger Jahre über US-amerikanische Bildschirme flimmerten. Die Fernsehproduzenten experimentierten seinerzeit zunehmend mit den technischen Möglichkeiten ihres Mediums und kreierten Flaschengeister (Bezaubernde Jeannie), fliegende Nonnen (The Flying Nun) oder Superhelden wie Maxwell Smart und die Männer von U.N.C.L.E. Grund für diese Flucht in risikolose und unverbindliche Themen in eine unerwartete Experimentierfreude war die Studenten- und Hippiebewegung, die einen Wertewandel ausgelöst hatte.

Die ABC-Serie bedient sich großzügig in der spinnwebverhangenen Klamottenkiste des Fantasy- und Horrorfilms und veralbert die Klischees dieses altgedienten Genres. Entworfen hatte die Figuren der Cartoonist Charles Addams, der regelmäßig den 'New Yorker‘ mit neuen Abenteuern der Horrorfamilie belieferte. Eigentlich war das Personal seiner Cartoons nicht gerade das, mit dem Familienserien besetzt werden. Haushaltsvorstand Gomez (John Astin) vergnügt sich beispielsweise damit, Spielzeugeisenbahnen in die Luft zu jagen. Seine trippelnde, stets in kleidsames Schwarz gehüllte und mehr noch als Batman einer Fledermaus gleichende Gattin Morticia (Carolyn Jones) ist den beiden Rangen Wednesday (Lisa Loring) und Pugsley (Ken Weatherwax) eine treusorgende Mutter, die sehr viel Verständnis dafür hat, daß die lieben Kleinen am liebsten mit kopflosen Puppen oder mutierten Schildkröten spielen. Weitere Familienmitglieder sind der glatzköpfige Onkel Fester (gespielt von Ex-Kinderstar Jackie Coogan), der sich am liebsten im Folterkeller auf dem Streckbett entspannt, und Großmama, eine Hexe im Ruhestand. Die gute Seele des Haushalts ist der baumlange Lurch (Ex-Jesus-Darsteller Ted Cassidy), der erste Langhaarige im amerikanischen Fernsehen. Er spielt hervorragend Cembalo und erschreckt Besucher des Hauses mit seinem lautlosen Auftreten und einer meeresgrundtiefen Stimme. Nicht zu vergessen „The Thing“, die stets dienstbereite, in einer zigarrenkistengroßen, reichverzierten Schachtel lebende „rechte Hand“ der Familie, die in der deutschen Fassung „Eiskaltes Händchen“ heißt.

Harald Keller

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen