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SPD-Fraktion will Verfassung brechen

■ Bau- und Umweltpolitiker rangeln um Kompetenzen und Posten

Der SPD-Umweltpolitiker Wilfried Töpfer ist ein Problem. Nicht, weil er als Sprecher der Umweltdeputation besonders oder gar unangenehm aufgefallen wäre, nein, ein Problem ist er allein wegen seiner Herkunft: Wilfried Töpfer stammt aus Bremerhaven und steht deshalb einem bereits ein gutes halbes Jahr alten Parteitagsbeschluß im Wege. Damals hatte die SPD beschlossen, daß, wenn schon das Bau- und das Umweltressort wieder getrennt werden, letzteres ein paar zusätzliche Kompetenzen erhalten solle. Eine der zusätzlichen und nicht unwichtigen Aufgaben der Umweltsenatorin: Künftig sollte sie Herrin über Bremens Flächennutzungspläne sein. Ob in Bremen eine Wiese Wiese bleibt oder ob sie Bauland oder gar Industriegebiet wird, sollte zunächst einmal Sache der Umweltpolitik sein. So weit so gut. Doch jetzt die Gretchen -Frage: Wer darf dieses neue Amt künftig kontrollieren? Normalerweise ist die parlamentarische Kontrolle eines Senatsressorts in Bremen Sache einer entsprechenden Deputation. So will es die Verfassung und deshalb in der Regel auch die SPD. Also wäre auch für die Flächenplanung die Umweltdeputation zuständig. Das aber geht in diesem speziellen Falle nicht, womit wir zum Problem Töpfer kommen.

Um den Bremerhavener Töpfer zum Deputationssprecher zu machen, wurde nämlich vor vier Jahren die städtische Deputation für Umweltschutz in eine staatliche Deputation für Umweltschutz gemacht. Die Flächenplanung für Bremen hat aber in einer staatlichen Deputation nichts zu suchen. Also überlegte der Fraktionsvorstand zunächst, die staatliche Deputation in eine städtische umzuwandeln. Wohin aber dann mit Töpfer, denn ein Bremerhavener kann einer städtischen Deputation natürlich nicht angehören. Der Vorschlag, Töpfer in den Fraktionsvorstand hochzuloben, scheiterte, einfach absetzen ist nicht drin, was tun?

Nach etwa sieben Sitzungen schlug die Fraktionsführung vor, einfach eine zweite Umweltdeputation zu gründen, eine städtische eben. Doch in der Debatte entdeckten die Baupolitiker ihr Herz für die Bremer Finanzen. Wegen zusätzlicher Sitzungsgelder zu teuer, argumentierten sie. Und ließen durch die in Sachen Bau nicht vorbelastete Abgeordnete Grotheer-Hünecke vorschlagen, einen gemeinsamen Unterausschuß von Umwelt- und Baudeputation zu gründen und die letzte Entscheidung der Baudeputation zu übertragen. Nächste Woche will die Fraktion endgültig entscheiden, doch bereits heute will der SPD-Landesvorstand festlegen, ob er die Meinung eines Umweltpolitikers teilt, der da sagt: „Wenn die Baupolitiker die Umweltpolitik kontrollieren wollen, dann ist das schlicht verfassungswidrig.“

Rosi Roland

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