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Eine Strohpuppe namens Revolution

■ Betr.: "Baisdemokratie ernst nehmen", taz vom 25.9.89

Betr.: „Basisdemokratie ernst nehmen“,

taz vom 25.9.89

Wahlversprechen und Koalitionsvereinbarungen sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben stehen. Der ökologische Umbau der Industriegesellschaft erweist sich unter der Regie seiner BefürworterInnen mehr und mehr als Papiertiger. Wer anderes erwartete, kennt die Geschichte schlecht. Nach einem erweiterten Hegelwort ereignen sich alle weltgeschichtlich bedeutsamen Ereignisse sozusagen zweimal: Einmal als Tragödie, das zweite Mal als Farce. Hatte der um sich greifende Opportunismus in der deutschen Sozialdemokratie einst tragische Ausmaße, so wirkt das kleine, ökologisch zurechtgestutzt Anpaßlertum innerhalb der AL nur noch komisch.

Und wie steht die taz dazu? Statt die Entlarvung der Sozialdemokratie zu betreiben und die Strukturmängel einer alternativ sich nennenden Politik zu analysieren, entlarvt die taz sich lieber selbst. Um eine politische Reformstrategie zu stützen, die schon gescheitert ist, bevor sie überhaupt anfing, drischt sie auf eine Strohpuppe namens Revolution ein. (...)

Ihr Demokratieverständnis - „Basisdemokratie ernst nehmen“

-läuft auf den paradoxen Gedanken hinaus, daß die Parteispitze sich gefälligst die Mitglieder heranschaffe, die ihre Politik trägt, damit die basisdemokratische Utopie nicht verloren gehe. So, wie die Basis sich aufführe, sei sie schlicht „unfähig“ etc. Die vordergründige Besorgtheit um den „Ruf“ der AL kann nicht von der Tatsache ablenken, daß die Interessen der Kommentatorin allzu durchsichtig sind. Hinter ihren staatsmännischen Worten steht das ganze Elend eines konformistischen Denkens, dessen Krise sie als Strukturkrise der AL dem/der LeserIn verkaufen will.

Politik als Fortführung der Wirtschaft mit anderen Mitteln verlangt nun einmal OpportunistInnen. Die Stromtrasse politisch zu vereiteln heißt aber, oppositionell dagegen vorgehen, außerparlamentarisch Druck auszuüben, die politischen „Kosten“ für deren Durchsetzung, wenn möglich, in astronomische Höhen zu schrauben. Um überhaupt Kompromisse denken zu können, dürfen die Instrumente einer linksalternativen Politik nicht zum Selbstzweck degenerieren. Konzessionen sind vom Koalitionspartner nicht durch Wohlverhalten sprich: Verzicht zu erzwingen. Eine machtgewohnte Partei wie die SPD akzeptiert nur einen Verzicht, den auf Regierungsbeteiligung. Die Glückseligkeit grüner MandatsträgerInnen hängt nicht vom SenatorInnensessel ab. Andernfalls wäre den WählerInnen der AL ein anderer Verzicht nahezulegen.

Andree Slickers, Berlin 21

(...) Es geht hier mitnichten darum, die SPD in die Knie zu zwingen. Die SPD soll im Gegenteil endlich Rückgrat zeigen und zu ihrem (Wahl-)Ziel einer anderen Energiepolitik stehen. Dann muß aber auf die Bewag eingewirkt werden, und es müssen alle Hebel, die es dann gibt, ausgenutzt werden. Allein die ernsthafte Androhung, den Konzessionsvertrag aufzukündigen (und das ist schließlich gutes Recht des Senats), würde wahrscheinlich die Bewag dazu bringen, Einsicht in die Notwendigkeit einer anderen Energiepolitik zu zeigen.

Die vielgeschmähte Basis der AL sieht in diesem Fall die Lage realistischer als die ach, so vernünftigen Leute, die sich nicht einmal trauen, diesem Unternehmen mal richtig auf den Pelz zu rücken.

Mit FunktionärInnen von AL und SPD jedenfalls, die in vorauseilendem Gehorsam alles akzeptieren, was dieses Unternehmen der Stadt zumutet, ist Berlin im Moment am schlechtesten gedient.

Renate Heitmann

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