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Ein „Neues Forum West“ wird es nicht geben

Die Initiative schon einen Tag nach dem Gründungsaufruf beerdigt / Proteste kamen aus Ost-Berlin / „Wenn ihr trauert, jetzt nicht im Osten dabei zu sein, dann stellt doch einen Einreiseantrag!“ / Das Ostberliner Gethsemane-Feeling gibt es jetzt auch im Westen  ■  Von Petra Bornhöft

Berlin (taz) - Einen Tag nach der Veröffentlichung des Aufrufes zur Gründung eines „Neuen Forums West“ beschlossen etwa 50 West-BerlinerInnen und Ex-DDRlerInnen am Mittwoch abend, den Verein nicht zu gründen. Jedenfalls nicht unter diesem, der DDR-Oppositionsbewegung entlehnten Namen. Der nach heftigen Diskussionen gefaßte Entschluß berücksichtigt Kritik und Wünsche des Neuen Forums.

Bei den drei Initiatoren - Guntolf Herzberg, Freya Klier und Lotte Templin - klingelten nach Bekanntwerden des Aufrufs am Dienstag unablässig die Telefone. Auch bei der taz häuften sich Anfragen. Manche wollten „Kontakte nach drüben“, andere „denen helfen“. Das Wort „Soli-Arbeit“ fiel in den Telefongesprächen oft. Suchen die Linksbürger West nach dem Abflauen der Friedens- und AKW-Konjunktur ein neues Aktionsfeld Ost? Über diese Frage redeten die überwiegend aus der DDR stammenden TeilnehmerInnen nicht. Passend zum neuen Gethsemane-Feeling im Westen versammelten sie sich in einer Kirche, in der auch die Angst vor Stasi-Spitzeln hörbar durch die Stuhlreihen schwirrte.

Voller Sympathie für die Demokratiebewegung in der DDR entzündete sich der Streit an dem Namen. Während sich die Initiatoren in ihrem Aufruf bewußt für ein „Neues Forum West“ entschieden, „um die Zusammengehörigkeit der Reformkräfte zu betonen“, hatten Mitglieder des real existierenden Neuen Forums protestiert. „Die Oppositionsbewegung in der DDR ist erwachsen genug, um für sich selbst zu reden“, hieß es unter Berufung auf ein Treffen in Ost-Berlin. „Wir sollten die junge Bewegung nicht kaputtmachen, indem wir ihnen unsere Vorstellungen überstülpen“, sagte Ralf Hirsch, der 1988 aus der DDR abgeschoben wurde. Den Vorwurf der Bevormundung wiesen viele RednerInnen zurück. Sie kritisierten die „Ausgrenzung der Ausgereisten“.

In die offene Wunde vieler, die erst kürzlich die DDR verließen, stieß die Bemerkung: „Hier wird Trauerarbeit geleistet, von denjenigen, die bedauern, jetzt nicht dabei zu sein. Aber warum sind wir weggegangen? Wer seine Entscheidung bereut, sollte morgen bei der Ständigen Vertretung in Bonn die Einreise in die DDR beantragen.“ Das saß.

Im weiteren Verlauf des Palavers mangelte es nicht an Aufrufen zu „konkreter Unterstützung“. Aktionstage, Demos, Geldsammlungen für die Inhaftierten, Information über die Reformforderungen in der DDR - alles war im Angebot, nichts wurde genommen. Auf die bemerkenswerte Unkenntnis einiger RednerInnen über die Oppositionsbewegung reagierten manche Zuhörer zunehmend aggressiv. „Es hat noch nie so viele Interviews mit Leuten aus den Gruppen gegeben, geht das eigentlich alles an euch vorbei?“, wollte Aktivist Ralf Hirsch wissen.

Weitgehend unbekannt war auch die Tatsache, daß es in West -Berlin seit Jahren verschiedene Zirkel gibt, die sich mit der Entwicklung in Osteuropa beschäftigen. Den Wunsch, diese Diskussion zu führen, sich so auch in die Entwicklung in der DDR einzumischen und gleichzeitig deren Geschichte „der westdeutschen Linken näherzubringen“, könne man in bestehenden Gruppen befriedigen, kam nach drei Stunden der Einwand. Zu diesem Zeitpunkt war der Großteil schon gegangen. Die Übriggebliebenen vertagten sich auf die kommende Woche.

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